Die Wissenschafterinnen Carolin Dittrich und Bibiana Rojas gehen im Gastblog der Warnfärbung im Tierreich nach.
In der Verhaltensbiologie wird die auffällige Färbung von Tieren Warnfärbung genannt, wenn sie Ungenießbarkeit oder Giftigkeit signalisiert. Warnfarben sind eine Strategie, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Die häufigsten Warnfarben im Tierreich sind Rot, Gelb, Schwarz und Weiß. Sie bieten einen hohen Kontrast zu einer grünen Umgebung und sind hochfarbig, besitzen also eine hohe Farbsättigung. Dieses Warnsignal ist meistens verbunden mit einem oder mehreren weiteren Verteidigungsmechanismen, unter anderem der Absonderung von giftigen oder abschreckenden Substanzen. Der Fachbegriff lautet Aposematismus und setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern "apo" (weg) und "sema" (Zeichen).
Die Ungenießbarkeit als Beutetier kann durch unterschiedliche Mechanismen geschehen. Viele Insekten, wie zum Beispiel Marienkäfer, Wegerichbär oder Ritterwanzen, produzieren Bitterstoffe aus den Pflanzensäften, die sie als Nahrung aufnehmen, oder einigen Fällen produzieren sie diese selbst. Der Verzehr dieser bitteren Beute wird somit zu einer unangenehmen und daher bleibenden Erfahrung, welche in Zukunft gemieden wird. Andere Tierarten, wie zum Beispiel die wohl bekanntesten Vertreter mit auffälliger Warnfärbung, die Pfeilgiftfrösche (Dendrobatidae), produzieren Giftcocktails aus unterschiedlichen Substanzen, die sie durch die Nahrung aufnehmen. Der Cocktail der Pfeilgiftfrösche gehört im Tierreich zu den tödlichsten Giften, die wir kennen.
Wie kann sich Warnfärbung etablieren?
Die Evolution von Warnfarben wird zwar schon seit dem 19. Jahrhundert untersucht, aber es ist immer noch nicht ganz geklärt, wie die Warnfärbung entstanden ist. Es ist zum Beispiel verwunderlich, wie die ersten auffällig gefärbten Individuen überleben konnten, bevor ihre Räuber gelernt hatten, dass sie ungenießbar sind. Eine Erklärung hierfür gibt die Theorie, dass auffällig gefärbte Individuen in größerer Zahl vorkommen müssen und dass mögliche Fressfeinde einen eher konservativen Speiseplan haben. Nach dem Motto: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht."
Damit Fressfeinde lernen, ein bestimmtes Farbmuster zu vermeiden, sollte dieses Farbmuster zum einen einfach sein, zum anderen konstant bleiben und sich nicht verändern. Gerade bei den Pfeilgiftfröschen ist die Vielfalt der Muster aber besonders hoch. Von anderen Arten ist bekannt, dass die auffällige Färbung ein Signal sein kann, um potenzielle Partnerinnen anzulocken. Wenn die Chancen zur Fortpflanzung durch ein auffälliges und vor allem variables Farbmuster erhöht werden, kann sich solch ein auffälliges Merkmal auf Dauer durchsetzen, auch wenn eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit besteht. Hier gilt es, eine evolutionäre Balance zu finden zwischen natürlicher Selektion (Überleben) und sexueller Selektion (Fortpflanzung).
Der Färberfrosch (Dendrobates tinctorius)
Der Färberfrosch ist, bezogen auf seine hohe innerartliche Variabilität der Farbmuster, mittlerweile ein gut untersuchter Pfeilgiftfrosch. Er kommt in den tropischen Regenwäldern von Guyana, Französisch-Guyana, Suriname und im Norden Brasiliens vor und ist mit einer Körpergröße von circa vier Zentimeter ein eher größerer Vertreter der Pfeilgiftfrösche.
Die Art hat auch ein äußerst interessantes Brutpflegeverhalten. Nach der Eiablage und der Entwicklung zur Kaulquappe im Ei an Land tragen meist die Männchen die jungen Kaulquappen auf ihrem Rücken zu einem kleinen, wassergefüllten Pflanzenhohlraum, zum Beispiel in Bromelien, wassergefüllten Astlöchern oder Ähnlichem. In diesen Kinderstuben kann sich dann die Nachkommenschaft zum fertigen Jungfrosch entwickeln.

Beide Geschlechter dieser Art unterscheiden sich nicht in der Variabilität der Färbung – sie sind einzig durch ihre Größe zu unterscheiden. Wobei die Weibchen größer als die Männchen sind. Die Männchen zeigen in ihren Farbmustern einen höheren Gelbanteil auf dem Rücken, was vermutlich einen besseren Schutz vor Fressfeinden bietet. Dies ist nützlich, wenn die Männchen auf der Suche nach einem Ort sind, an dem sie ihre Kaulquappen ablegen können.
Tatsächlich hat man festgestellt, dass die Warnfärbung Pfeilgiftfröschen hilft, neue Kinderstuben für ihre Nachkommen zu finden und Standorte zu nutzen, die für Frösche ohne diese Art von Schutz riskanter sein könnten. Es zeigte sich also, dass das Brutpflegeverhalten einen großen Einfluss auf die Ausprägung der Warnfarben haben kann. Und wenn die Gefahr, gefressen zu werden, abnimmt, können auch weitere neue Lebensräume erobert werden oder sich andere Verhaltensweisen der Brutpflege entwickeln. Somit dient die Warnfärbung als ein Diversitätsbeschleuniger, welcher sich auf das Verhalten dieser Frösche auswirkt.

Der Feuersalamander (Salamandra salamandra)
Einer der bekanntesten Vertreter unserer heimischen Lurche mit Warnfärbung ist der Feuersalamander, ein Symboltier des Biosphärenreservates "Wienerwald". Bei Regenwetter kann Spaziergängern auch mal ein Exemplar der sonst eher nachtaktiven Art über den Weg laufen.
Die Bezeichnung Feuersalamander scheint dabei nicht so richtig zu passen. Dies geht auf die antike Vorstellung zurück, dass die Hautsekrete des Feuersalamander Feuer löschen können, was leider dazu führte, dass sie tatsächlich früher ins Feuer geworfen wurden, um damit Brände zu löschen. Allerdings war man sich selbst in der Antike schon bewusst, dass der Feuersalamander giftig ist. Heute wissen wir, dass die Hautsekrete hauptsächlich die Schleimhäute reizen, aber eher nicht zum Tod führen.

Auch schon länger bekannt, aber nicht vollständig akzeptiert, war eine Theorie des umstrittenen Wiener Wissenschafters Paul Kammerer (angeblich hat er seine Forschungsergebnisse gefälscht), dass die Intensität der Warnfärbung bei Feuersalamanderlarven von der Farbe des Untergrunds beeinflusst wird, auf dem sie aufwachsen. Und dass diese Änderung bei den Larven auch von den Jungtieren nach der Metamorphose gezeigt wird. Dies konnte in einer neueren Studie bestätigt werden. Dabei zeigte sich auch, dass die Intensität der Färbung keinen Einfluss auf die Toxizität der Tiere hat. Am Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) möchten wir in Zukunft einige dieser Aspekte näher betrachten, zum Beispiel wie sich Umweltbedingungen, denen die Larven ausgesetzt sind, auf die Toxizität von Jungtieren und auch Erwachsenen auswirkt.
Aber nicht nur Fressfeinde können die Salamanderbestände gefährden, sondern auch ein Hautpilz, der vermutlich über den Tierhandel nach Europa eingeschleppt wurde. Dieser Hautpilz wird "Salamanderfresser" genannt, ein Umstand, der auch in seinem wissenschaftlichen Namen berücksichtigt wurde, Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal). Der Hautpilz verursacht Läsionen und Geschwüre auf der Haut, welche den Stoffwechsel der Tiere stark einschränken und innerhalb kürzester Zeit zum Tod führen. In den letzten neun Jahren, seit der Entdeckung dieses Pilzes in den Niederlanden, hat er sich bereits bis in das Allgäu ausgebreitet.
Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis dieser Hautpilz in Österreich auftauchen könnte. Daher ist ein landesweites Monitoring der Salamanderbestände in Zukunft besonders wichtig. Im besten Fall muss eine weitere Ausbreitung vermieden werden, indem Hygienemaßnahmen angewendet werden. Wenn Sie in einem der betroffenen Gebiete unterwegs waren, säubern und desinfizieren Sie Ihre Schuhe, bevor Sie diese wieder an einem anderen Ort tragen.
Amphibienwanderung im Frühjahr
Jedes Frühjahr, wenn die Temperaturen auch nachts wieder ansteigen und ein Regen über das Land zieht, werden die Frühlingsgefühle der Amphibien angeregt. Sie begeben sich dann auf die gefährliche Wanderung zu den Gewässern, an denen die Paarung stattfindet. Nur ein Teil unserer einheimischen Amphibien verfügt über Warnfarben (Feuersalamander und Gelbbauchunke), welche ihnen allerdings im Straßenverkehr wenig nützen. Jedes Jahr fallen viele Amphibien dem Straßentod zum Opfer, eine Gefahr, die wir durch umsichtiges Fahren mindern können.
Amphibien sind ein wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems, zum Beispiel sind sie ein wichtiges Glied in der Nahrungskette. Zum einen vertilgen Frösche Unmengen an Insekten, die teils auch Schadinsekten sein können, zum anderen sind sie Nahrungsbestandteil vieler fleischfressender Arten, wie zum Beispiel von Vögeln, Schlangen oder verschiedenen Säugetieren. Aber nicht nur das: Die Kaulquappen vieler Arten sind Filtrierer (sie filtern Partikel und Algen aus dem Wasser) oder ernähren sich von Insektenlarven und helfen somit, das Wasser rein zu halten. Wenn viele Mückenlarven verspeist werden, sinkt zum Beispiel auch die Gefahr von Krankheitsübertragungen wie Malaria oder Dengue.
Diese Aufgaben, die Amphibien natürlicherweise übernehmen, werden auch als Ökosystemdienstleistungen bezeichnet. Gesunde Amphibienbestände tragen dadurch zu einem gesunden Ökosystem bei. Seit einigen Jahren nehmen die Bestände der Amphibien weltweit kontinuierlich ab, und dies gilt auch für heimische Arten, die wir immer als häufig und zahlreich bezeichnet haben, wie zum Beispiel die Erdkröte oder der Grasfrosch. Daher die Bitte, in der kommenden Paarungszeit Rücksicht zu nehmen auf die Wanderung der Amphibien. Damit kann jede Person einen Beitrag für die Erhaltung unserer Umwelt leisten. (Carolin Dittrich, Bibiana Rojas, 11.3.2022)