Niederösterreich muss Geheimhaltung besser begründen.

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Darf die Öffentlichkeit wissen, wie viel Geld das Land Niederösterreich an eine Teilorganisation der Volkspartei überweist? Muss es geheim bleiben, wie viel Steuergeld ein ÖVP-naher Verlag erhält – und wofür? Das Amt der Landesregierung in St. Pölten betreibt viel Aufwand, um diese Informationen nicht preiszugeben. Eine Anfrage des STANDARD aus dem Jahr 2020 landete vergangene Woche vor Gericht, weil das Land die Auskunft verweigert. Der Beschluss des Gerichts: Die Behörde muss einen neuen Bescheid ausstellen – und diesen besser begründen.

Die Sache fing so an: Im Dezember 2020 fragte DER STANDARD unter anderem, wie viel Geld das Land für Medienkooperationen und Medienförderungen in den Jahren 2013 bis 2020 ausgegeben hat, welche Medien gefördert wurden und welche Medienkooperationen bestehen.

ÖVP-nahe Organisationen

Detailfragen bezogen sich auf einzelne Medien und Verlage: Etwa die Zeitschrift Arbeiten für Niederösterreich, das offizielle Magazin des Niederösterreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes (also einer ÖVP-Teilorganisation). Oder dem Magazin NÖ Gemeinde, das vom Verband der ÖVP-Gemeinden in dem Bundesland herausgegeben wird. Es wäre ja durchaus interessant zu wissen, wie viel Steuergeld so zur Volkspartei oder ihr nahestehenden Organisationen fließt.

Doch Niederösterreich hält diese Informationen geheim – und stützt sich dabei im Wesentlichen auf zwei Argumente. Erstens: Ausgaben für Medienkooperationen und Inserate müssten aufgrund des Medientransparenzgesetzes ohnehin veröffentlicht werden – ab einer Summe von 5000 Euro aufwärts. Summen darunter dürften deshalb nicht veröffentlicht werden.

Pauschale Ausrede ungültig

Das zweite Argument für die Geheimhaltung: Der Schutz von Daten und Geschäftsinteressen der Geldempfängerinnen überwiegt gegenüber dem Interesse an Information des STANDARD.

Genau hier setzt nun die aktuelle Entscheidung des Gerichts an: Denn der pauschale Verweis auf Datenschutz sei nicht zulässig. Grund dafür ist eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, die der Journalist Markus Hametner in einer ähnlichen Sache gegen die Stadt Wien erkämpft hat (damals noch für das mittlerweile eingestellte Medium Addendum). Das Höchstgericht entschied 2021, dass die Interessen in jedem Fall einzeln gegeneinander abgewogen werden müssen. Die bei vielen Behörden beliebte Pauschalbegründung "Datenschutz" wurde dadurch stark eingeschränkt. Hametner arbeitete bis 2017 selbst beim STANDARD und hat diesen bei der Anfrage an das Land Niederösterreich beraten.

Wie geht es nun weiter? Die Behörde in St. Pölten hat sechs Monate Zeit, um in jedem Einzelfall zu begründen, warum das Interesse an Geheimhaltung größer ist als das Interesse an Information.

Warten auf neues Gesetz

Die türkis-grüne Bundesregierung hat sich bereits auf ein Informationsfreiheitsgesetz geeinigt, die Umsetzung wird aber innerhalb der ÖVP blockiert. Auch in dem vorliegenden Entwurf sind Ausnahmen für Datenschutz und Geschäftsinteressen vorgesehen. An dem vorliegenden Fall hätte die Reform also vermutlich nichts geändert. (Sebastian Fellner, 9.3.2022)