Sich nächtelang durch Hiobsbotschaften zu wischen nennt man "Doomscrolling".

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Heute geht es hier nicht um Boomer und Zoomer, sondern um Doomer. Als solche werden Menschen bezeichnet, die stark befürchten, dass es mit der Menschheit bald zu Ende geht. Doomer existieren wohl, seit es intelligentes Leben gibt, den aktuellen Begriff für den Schlag Mensch gibt es etwas kürzer (angeblich seit 2008).

Es verwundert nicht, warum der sogenannte Doomerism täglich zunimmt: Pandemie, Klimakrise und jetzt auch noch die Rede von einsatzbereiten Atomwaffen – das Gefühl der Machtlosigkeit greift um sich. Auch bei denen, die nicht mit dem Schlimmsten rechnen, liegt ein Phänomen im traurigen Trend, das den Namen "Doomscrolling" trägt. Es bedeutet das zwanghafte Konsumieren schlechter Nachrichten.

Der Begriff – auch hier: Das dahinterliegende Phänomen namens "Gemeine-Welt-Syndrom" gab es auch schon in vorscrollbaren Zeiten – nistete sich während der Covid-Krise in die Gewohnheiten und den Wortschatz zahlreicher Menschen ein. Aktuell ist er ob des russischen Angriffs auf die Ukraine in aller Munde, Hashtags und Memes.

Scrollen gegen den Kontrollverlust

Der Grund, warum manche Menschen sich zum Doomscrolling so hingezogen fühlen, liegt darin, dass es ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Man glaubt, einen Überblick über die Situation und damit auch Kontrolle über drohende Gefahr zu haben. Für viele spielt auch das schlechte Gewissen eine Rolle: Zieht man sich nicht alles rein, fühlt es sich so an, als würde man wegschauen. Algorithmen, die immer mehr Bad News ausspucken, hat man mal auf einen Link geklickt, tun ihr Übriges, die Scroller weiter in den Sog der schlechten Nachrichten zu ziehen.

Dass Doomscrolling, also das zwanghafte Konsumieren negativer Nachrichten, nicht besonders gut für die Psyche ist, belegen zahlreiche Studien – was es aber nicht einfacher macht, damit aufzuhören.

Expertinnen und Experten raten wie bei allen Süchten erst einmal zu Reduktion: sich einen Timer stellen, wie viel Zeit am Tag man mit dem Doomscrolling verbringen darf, zum Beispiel. Man muss nämlich kein Doomer sein, um zu befürchten, dass sich die schlechten Nachrichten nicht in Luft auflösen werden. Wie viele davon und wie man sie konsumiert, das kann man verändern. (Amira Ben Saoud, 9.3.2022)