Olena Selenska heiratete einen Kabarettisten – und wurde zur First Lady.

Foto: AFP / Gints Ivuskans

Es sind einfach zu viele Interviewanfragen gewesen in den vergangenen Tagen. Nein, das ist keine Story über Triumph oder Glamour. Olena Selenska wäre es lieber gewesen, nicht ständig danach gefragt zu werden, wie es ihr jetzt geht. Und doch kommt das Interesse an ihr nicht überraschend: Selenska ist die First Lady der Ukraine, die Ehefrau von Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj. Und sie leidet mit ihrem von russischen Truppen attackierten Heimatland und seinen Menschen.

Um nicht immer und immer wieder dasselbe sagen zu müssen, entschied sie sich für einen anderen Kommunikationsweg: Sie schrieb einen offenen Brief, der – auch in englischer Sprache – auf der Website der Präsidialkanzlei veröffentlicht wurde und sich einreiht in die zahllosen anderen Berichte von Tod, Zerstörung und Flucht: "Unser Land war friedlich; unsere Städte und Dörfer waren voller Leben", schreibt sie. Bis zu jenem 24. Februar 2022, als die russische Invasion begann.

Wie so vieles, was man dieser Tage aus der Ukraine sieht, hört und liest, sind auch ihre Zeilen schwer zu ertragen. Sie schreibt von all den Menschen, die sich in Kellern und U-Bahn-Stationen vor den Bomben verstecken; von den getöteten Kindern; von den Kranken, die den Zugang zu Medikamenten und ärztlicher Versorgung verloren haben; von den zahllosen Flüchtlingen, die ihre Heimat verlassen.

Engagement für Kinder

Die heute 44-Jährige hat eigentlich keinen Berufspolitiker geheiratet. 2003, im Jahr der Hochzeit, war Wolodymyr Selenskyj noch ein mäßig bekannter Kabarettist, der mit seiner Show durch diverse Städte tingelte. Dass er viele Jahre später in der Fernsehserie "Diener des Volkes" einen Geschichtslehrer spielte, der eher zufällig zum Präsidenten gewählt wird, und im Nachhall der Serie tatsächlich ins Amt des Staatsoberhauptes kam, hat sie wohl mindestens so überrascht wie ihren Mann.

Die beiden sind bereits miteinander zur Schule gegangen, die frühen Jahre dürften jedoch keinen bleibenden Eindruck bei ihnen hinterlassen haben. Näher kennengelernt hat Selenska den Juristen Selenskyj, mit dem sie eine Tochter und einen Sohn hat, erst während ihrer Zeit an der Uni, als sie Architektur studierte. Später, als First Lady, setzte sie sich vor allem für eine barrierefreie Gesellschaft ein sowie für eine bessere Ernährung von Kindern in Schulküchen.

Jetzt sorgt sie sich um das Überleben dieser Kinder. Und um die Zukunft ihres Landes und der Welt. (Gerald Schubert, 9.3.2022)