Philipp Trattner hat ...

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... wegen Sophie Karmasin mit einer internen Revision zu tun.

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Vielleicht ist es nur Blauäugigkeit, die im Sportministerium herrscht, seit Werner Kogler (Grüne) es von Heinz-Christian Strache (FPÖ) übernommen hat. Doch spätestens seit der Festnahme der Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) im Zusammenhang auch mit Studien, die sie für das Sportministerium erstellte, stellt sich die Frage, ob das als Beschreibung der Zustände ausreicht. Für Strache hatte Karmasin die "Motivanalyse Bewegung und Sport" geliefert, eine 67-seitige "qualitative Untersuchung", die 63.600 Euro kostete. An Kogler ging die 44-seitige Studie "Frauen im Vereinssport" samt 26-seitigem Folder – Kostenpunkt 76.668 Euro, jeweils inklusive Umsatzsteuer.

Seitens des Ministeriums wird nun betont, dass "zum Zeitpunkt der Einladung zur Angebotslegung nicht von Unregelmäßigkeiten welcher Art auch immer ausgegangen werden konnte". Erst später, nämlich nach den Einvernahmen der Meinungsforscherinnen B. und G., seien "die strafrechtlich relevanten Vorwürfe der Preisabsprache gegen Sophie Karmasin bekanntgeworden". Die Vergabe der beiden Studien habe jedenfalls den vergaberechtlichen Bestimmungen zur Direktvergabe entsprochen, das soll heißen: Der Auftragswert lag jeweils unter 100.000 Euro.

Damit hatte das Sportministerium beide Aufträge ohne Ausschreibung, also direkt vergeben können. Wobei es freilich die Richtlinie gibt, dass drei Angebote einzuholen sind, damit eine Vergleichsmöglichkeit gegeben ist. Und das ist der springende Punkt, genau darum drehen sich im Zusammenhang der Studien fürs Sportministerium die Vorwürfe gegen Karmasin. Denn G. sagte bei ihrer Einvernahme aus, sie sei von B. kontaktiert worden, damit sie ebenfalls ein Angebot für die "Motivanalyse" lege. Dabei war "schon klar, dass mein Angebot nicht viel besser sein sollte" als jenes von Karmasin, "weil diese ja den Auftrag bekommen sollte".

Daher wehte der Wind

Im zweiten Fall, vor der Studie "Frauen im Vereinssport", sei die Einladung des Sportministeriums zur Angebotslegung gleich "ohne vorherige Ankündigung" bei ihr eingetroffen. Das habe sie "ein bisschen verwundert", ihr sei aber auch hier klargewesen, "woher der Wind wehte". Dass später, nach der Auftragserteilung, Karmasin sowohl von B. als auch von G. nicht wenig Unterstützung bei der Erstellung der Studie bekam, mutet dann fast schon treppenwitzig an. Die Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) orten so oder so rechtswidrige, gegen das Kartellgesetz sowie das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) verstoßende Absprachen unter den Meinungsforscherinnen. Für die drei Frauen gilt die Unschuldsvermutung.

Karmasin, die am 3. März festgenommen wurde und einen Tag später in U-Haft gekommen ist, sorgte zuletzt auch für Schlagzeilen, als herauskam, dass sie nach ihrer Amtszeit eine Gehaltsfortzahlung beantragte, obwohl sie andere Einkünfte hatte. In der ORF-ZiB 2 am Dienstag wurde ihr Anwalt damit zitiert, dass die "Optik nicht gut" sei und eine Rückzahlung eingeleitet wurde.

Im Sportministerium sind die Details des seinerzeitigen Vergabeprozesses mittlerweile Gegenstand einer internen Revision. Denn natürlich muss sich auch Kogler die Frage stellen, wie es dazu kommen konnte, dass das Sportministerium seinerzeit neben Karmasin nicht weitere renommierte Institute, sondern ausgerechnet B. und G. zur Angebotslegung eingeladen hat. Das schließlich war Karmasin wie gerufen gekommen, ihre Angebote stellten sich denn auch – aus heutiger Sicht kaum überraschend – als geringfügig besser als jene der "Konkurrenz" heraus.

Sektion I und Sektion II

Die Revision liegt in der Verantwortung der Sektion I des Ministeriums, das ja nicht nur für Sport, sondern auch für Kunst, Kultur und öffentlichen Dienst zuständig ist. Die Leiterin der Sektion I (Präsidialangelegenheiten) und gleichzeitig Generalsekretärin des Ministeriums ist Eva Wildfellner, sie soll nun herausfinden, was in der Sektion II (Sport) gelaufen ist, um nicht zu sagen: schiefgelaufen ist. Der Sektion Sport steht Philipp Trattner vor, er wurde von Strache eingesetzt und von Kurzzeitminister Eduard Müller sowie von Kogler übernommen. Trattner sagt dem STANDARD, es entziehe sich seiner Kenntnis, wieso neben Karmasin just B. und G. vom Sportministerium gebeten wurden, Angebote zu unterbreiten. "Es gibt ja auch Fachabteilungen", sagt er, "es läuft nicht alles über die Sektionsleitung." (Fritz Neumann, 10.3.2022)