Die ukrainische Schule in Wien will so viele Kinder wie möglich aufnehmen – und dabei Geborgenheit bieten.

Foto: Yaromyr Babscyj

Anna Krachkovska sitzt vor ihrem Computer und kontrolliert die Anmeldeformulare. Über 250 Neuanmeldungen für die ukrainische Samstagsschule in Wien seit dieser Woche zählt die Direktorin zusätzlich zu den 200 neuen, die sich bereits vor einigen Tage angemeldet haben. Damit hat sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine weit mehr als verdoppelt. "Wie viele noch kommen werden, wissen wir nicht. Aber wir stoppen die Anmeldungsmöglichkeit nicht, wir werden helfen, wo wir können", sagt Krachkovska.

Die ukrainische Samstagsschule befindet sich am Beethovenplatz 1 im ersten Wiener Gemeindebezirk. Dort kann die Institution am Samstag die Räumlichkeiten des Akademischen Gymnasiums nutzen. Die Schule besteht bereits seit über zehn Jahren und wird von einem gemeinnützigen Verein geführt, den Viktoria Kettner leitet. "Außer der Direktion, der Buchhaltung und den Lehrpersonen arbeiten wir alle ehrenamtlich", sagt Kettner.

Die Schülerinnen und Schüler sind zwischen sechs und 17 Jahren alt und lernen hier am Samstag – nach dem Besuch einer österreichischen Schule unter der Woche – die ukrainische Sprache sowie Kultur, aber etwa auch Physik, Biologie, Geschichte und ethische Religionskunde. "So können Kinder, die für einige Jahre in Österreich sind, ohne Probleme ins ukrainische Schulsystem wieder einsteigen", erklärt Kettner.

Derzeit muss sich die ukrainische Samstagsschule aber mit ganz anderen Themen beschäftigen. Die 30 Lehrerinnen und Lehrer werden in einem Workshop mit einem Psychologen geschult, wie sie mit Kindern mit Flucht- und Kriegserfahrungen umgehen und wie sie diese in eine bestehende Klasse integrieren.

Alltag und Normalität

Krachkovska und Kettner sind dabei zu organisieren, die vielen neue Schülerinnen und Schüler unterzubringen. "Wir müssen einen Schichtbetrieb einführen, eventuell auch am Sonntag", sagt Kettner. "Wir wollen die hohe Qualität des Unterrichts erhalten." Krachkovska sieht ihre Aufgabe darin, den geflüchteten Kindern so viel Normalität und Alltag wie möglich zu bieten. "Sie sollen sich wohlfühlen", sagt die Direktorin.

Derzeit sucht die Schulleiterin neues Personal. Fünf Pädagogen hat sie bereits gefunden – alle werden kostenlos arbeiten. Das Geld des Vereins reicht bei weitem nicht, um sie zu bezahlen. "Wir haben uns entschieden, von den geflüchteten Familien das übliche Schulgeld nicht einzufordern", erklärt Kettner. Die Schule wartet zudem auf das Gesetz, mit dem den geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern eine Arbeitserlaubnis erteilt werden kann, wie das die EU für alle Mitgliedsstaaten kürzlich vorgesehen hat. Dann können auch geflüchtete Lehrerinnen und Lehrer angestellt werden.

Der Verein will den Neuankömmlingen die Ankunft in Österreich so leicht wie möglich machen und ihnen bei der Integration helfen. Vergangenen Samstag hat der Verein Infoblätter zur Einschreibung verteilt. "Wir wollen auch Deutschkurse anbieten", sagt Kettner und wünscht sich zusätzliche Unterstützung von den österreichischen Behörden sowie finanzielle Hilfen für die anderen Aktivitäten der Schule.

Der für den Bildungsbereich zuständige Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) hat bereits mit der Schule gesprochen, auch Bildungsdirektor Heinrich Himmer und das Bildungsministerium sind mit der Schule in Kontakt.

In Wien sind laut dem Büro von Himmer derzeit 60 Ukrainerinnen und Ukrainer an Pflichtschulen angemeldet worden, im Bundesschulbereich gibt es 100 Anfragen, die gerade bearbeitet werden. Derzeit sucht die Bildungsdirektion nach muttersprachlichen Lehrkräften für Ukrainisch. (Lisa Kogelnik, 10.3.2022)