In Österreich haben ungefähr 90.000 Menschen ein Glaukom. Gut die Hälfte weiß gar nichts von ihrer Erkrankung.

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Man sieht nur mittig scharf, rechts und links wird es verschwommen. Geht man von der Straße in einen dunklen Hauseingang, fällt es dem Auge schwer, sich an die Lichtverhältnisse anzupassen. Man fühlt sich unsicher beim Gehen und ungeschickt, weil man Hindernisse wie Stufen oder Gehsteigkanten nicht richtig einschätzen kann, hat Angst zu stürzen. Trifft eines oder mehrere dieser Symptome zu, ist es allerhöchste Zeit, das Auge ärztlich untersuchen zu lassen. Denn so macht sich ein Glaukom bemerkbar – eine Augenkrankheit, die in Österreich die häufigste Ursache für Erblindung ist.

Im Volksmund heißt die Krankheit Grüner Star. Das klingt relativ harmlos und ist deshalb ein Problem. Denn so verwechselt man sie gerne mit dem Grauen Star – der tatsächlich im Verhältnis harmlos und vor allem in einer Routineoperation gut heilbar ist. Der Grüne Star bzw. das Glaukom dagegen ist nicht heilbar und führt ohne Behandlung ausnahmslos zur Erblindung.

Vor allem ältere Menschen leiden daran, aber es gibt auch das juvenile Glaukom. Betroffene, egal in welchem Alter, können bestimmte Sehbereiche nicht mehr oder nur eingeschränkt wahrnehmen. "Blinde Flecken" entstehen, entweder neben der Stelle des schärfsten Sehens oder hin zu den Rändern des Gesichtsfelds. Das zentrale Sehen ist vorerst im Normalfall nicht beeinträchtigt, deshalb fällt die Einschränkung des Gesichtsfelds oft erst sehr spät auf – wenn die Schäden bereits irreversibel sind.

Zu viel Druck

Grund für die Entstehung eines Glaukoms ist meist ein zu hoher Augeninnendruck in den Augenkammern zwischen Hornhaut und Linse. Dort befindet sich eine Flüssigkeit, das sogenannte Kammerwasser, das im Auge gebildet wird. Dieses fließt permanent von der hinteren in die vordere Augenkammer und von dort durch einen sehr feinen Kanal wieder heraus. So entsteht ein konstanter Druck im Auge. Das Kammerwasser versorgt außerdem Hornhaut, Iris und Linse mit Nährstoffen.

Doch der Abfluss über den Schlemmerschen Kanal kann behindert sein, etwa durch eine Verengung. Dann staut sich das Kammerwasser auf, der Druck im Auge erhöht sich. Auch auf den Sehnerv wird dann Druck ausgeübt, Nervenzellen können absterben. Je nachdem, wie widerstandsfähig der Sehnerv ist, kann er dadurch Schaden nehmen. In Österreich sind davon über 90.000 Menschen betroffen, geschätzt die Hälfte wissen aber gar nicht, dass sie erkrankt sind.

Tatsächlich bemerkt man das in der Regel nämlich lange Zeit nicht: "Das Glaukom ist heimtückisch. Die zentrale Sehschärfe nimmt erst im Endstadium der Erkrankung ab, wenn der Großteil des Sehnervs bereits abgestorben ist. Dieser unbemerkte Verlauf führt dazu, dass circa 50 Prozent der Menschen, die am Glaukom leiden, gar nicht wissen, dass sie an diesem erkrankt sind. Dadurch sind viele Patientinnen und Patienten bereits bei der Erstdiagnose sehbehindert, weil die Diagnose meist nur als Zufallsbefund gestellt wird", betont Anton Hommer, Augenarzt im Sanatorium Hera und Vorsitzender der Glaukom-Kommission der Österreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft.

Gute Behandlungsmöglichkeiten

Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, den wichtigsten Auslöser des Glaukoms, den erhöhten Augendruck, frühzeitig und effektiv zu behandeln. Man kann Augentropfen, Laser und unterschiedliche Operationstechniken einsetzen. Alle drei Ansätze zielen darauf ab, den Augendruck zu senken. Je nach Alter und Krankheitsstadium wird die passendste Behandlungsmethode ausgewählt.

"Dafür definiert man individuell, wie hoch der Augendruck sein darf, um eine weitere Schädigung des Sehnervs zu verhindern", erklärt Clemens Vass, Leiter der Glaukomambulanz am AKH Wien. Erste Wahl sind Medikamente oder Laserbehandlungen – oder eine Kombination von beiden. "Reicht das nicht aus, gibt es unterschiedliche Operationsmethoden."

Goldstandard ist hier die sogenannte Trabekulektomie. Dabei schneidet der Chirurg ein kleines Fragment des verstopften Trabekelfilters heraus, das erleichtert den Abfluss des Kammerwassers und senkt dadurch den Augeninnendruck. Und es gibt die relativ neuen und vor allem sehr schonenden OP-Methoden MIGS (micro invasive glaucoma-surgery). Bei diesen minimalinvasiven chirurgischen Methoden wird eine Mini-Drainage-Implantat eingesetzt. Zwar ist die Drucksenkung bei diesen Methoden meist nicht so stark wie bei der Trabekulektomie, aber die Rehabilitation erfolgt schneller. Welche Methode für Betroffene die beste ist, wird jeweils individuell entschieden.

Ein Risiko gibt es bei allen Glaukom-Operationsmethoden: Der so geschaffene Abflussweg kann nach einiger Zeit wieder vernarben, wodurch der Augendruck erneut ansteigt. Eine Heilung vom Glaukom ist leider nicht möglich, deshalb ist die regelmäßige ärztliche Kontrolle auch so wichtig.

Nicht auf letzten Ausweg warten

Tatsächlich ist der operative Eingriff ein letzter Schritt. Viel früher setzen Augentropfen in Lokaltherapie an, die für die Mehrzahl der Betroffenen die beste Lösung ist. Viele können damit lebenslang gut eingestellt werden und brauchen keine darüberhinausgehende Behandlung, wie Ophthalmologe Hommer betont. "Hier ist das einzige Problem die lokale Verträglichkeit. Vor allem Konservierungsmittel können diese beeinträchtigen. Aber mittlerweile gibt es konservierungsfreie Augentropfen, die die Verträglichkeit deutlich bessern."

Verhindern kann man ein Glaukom also nicht, aber je früher man es entdeckt, desto leichter ist es zu behandeln und desto geringer sind die dadurch entstehenden Beeinträchtigungen. Michael Amon, Präsident der Österreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft, pocht deshalb darauf, dass "jeder und jede ab dem 40. Lebensjahr jährlich zur Augenärztin oder zum Augenarzt gehen sollte. Man kann dann ein Glaukom mit schmerzlosen Untersuchungen feststellen oder ausschließen und im Anlassfall sofort behandeln." (kru, 12.3.2022)