Menschen ohne österreichischen Pass arbeiten häufig in systemrelevanten Branchen wie Reinigung, Pflege, Lebensmittelhandel oder Zustelldiensten (Symbolbild).

Foto: www.corn.at Heribert CORN

Menschen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft stellen laut der Arbeiterkammer (AK) bereits ein Fünftel aller Arbeitskräfte in Österreich, in systemrelevanten Berufen oft noch mehr. Häufig sind sie aber benachteiligt, kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl am Donnerstag. Sie forderte einen gerechteren Zugang zur Staatsbürgerschaft und damit zum Wahlrecht. Auch bei der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse müsse es Erleichterungen geben.

Oft in systemrelevanten Berufen

Ihre Forderungen hat die AK mit einer Sora-Studie untermauert: Demnach sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ausländischer Staatsbürgerschaft jünger, haben häufiger einen Hochschulabschluss (aber weniger häufig Matura), sind eher als Arbeiter oder freie Dienstnehmer tätig und arbeiten oft in systemrelevanten Branchen wie Reinigung, Pflege, Lebensmittelhandel oder Zustelldiensten. Ihre Dienstverhältnisse sind prekärer, die Arbeitsplatzunsicherheit ist größer, die Belastung höher und die innerbetriebliche Wertschätzung geringer. Diskriminierung und schlechtere Bezahlung sind ebenfalls an der Tagesordnung.

"Wir waren und sind immer schon ein Einwanderungsland gewesen", betonte Anderl. "Ich bin sehr stolz, in einem Land zu leben, wo Vielfalt gelebt wird. Genau diese erwähnte Vielfalt braucht auch Rechte, hier liegt vieles im Argen." Die AK-Präsidentin bezeichnete es als ungerecht, dass es immer schwerer geworden sei, zur Staatsbürgerschaft und damit zum Wahlrecht zu kommen. "Die Stimme der Arbeitnehmer hat damit im Nationalrat und den Landtagen nicht mehr das Gewicht, das ihnen eigentlich zusteht", kritisierte sie. Dass auch ihre SPÖ einst Verschärfungen im Staatsbürgerschaftsrecht mitgetragen hat, wollte sie auf Nachfrage nicht kommentieren.

Anerkennung von Bildungsabschlüssen

Weiters forderte sie, dass Anerkennungs- und Nostrifikationsverfahren mitgebrachter Bildungsabschlüsse erleichtert, verkürzt und kostengünstiger gemacht werden müssten. Es brauche innerbetriebliche Lohntransparenz, und bei systematischer Vorenthaltung von Mehr- und Überstundenentgelt sollten die Arbeitgeber zur Zahlung des Doppelten verpflichtet werden.

Leiharbeiter sollten nach sechs Monaten in den Stammbetrieb übernommen werden, und bei "Lohndrückerei" und Sozialbetrug brauche es wirksame Strafen. Auch bei den Löhnen will die AK – so wie bei den Sozialversicherungsbeiträgen in der Baubranche – eine Generalunternehmerhaftung. Und: Das Personal der Arbeitsinspektorate gehöre aufgestockt, um für mehr Gesundheit am Arbeitsplatz zu sorgen. (APA, 10.3.2022)