Die Juristin Patricia Hofmann beschäftigt sich in ihrem Gastblog mit dem Anstieg von gefährlichen Drohungen und erklärt, ab wann diese strafbar sind.

Die Medienberichte über Drohungen gegenüber Politikern und Politikerinnen überschlagen sich derzeit. Vor kurzem ist der (nunmehr ehemalige) Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zurückgetreten. Als Grund dafür gab er unter anderem die Belastungen durch die Drohungen gegen sich und seine Familie an. Drohungen gegen Politiker und Politikerinnen sind leider nichts Neues. Denken wir nur an den Amtsantritt der Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zurück oder an die Drohungen, derer sie während ihrer Schwangerschaft ausgesetzt war. Allerdings sind nicht nur Politiker und Politikerinnen von Drohungen betroffen.

Was sagt die Statistik?

Die Verurteilungs- und Wiederverurteilungsdaten der Statistik Austria geben einen Überblick über die gerichtliche Kriminalstatistik in Österreich. Aus den vorliegenden Zahlen ist ein eindeutiger Anstieg der Verurteilungen des Straftatbestands der gefährlichen Drohung in den letzten Jahren zu entnehmen. Waren es im Jahr 2018 noch 1.849 Verurteilungen wegen gefährlicher Drohung, kommen auf diesen Straftatbestand im Jahr 2020 bereits 2.002 Verurteilungen. Die Anzahl der erfolgten Anzeigen aufgrund von gefährlichen Drohungen und damit auch Verfahren, die auf andere Weise als mit einer Verurteilung endeten, liegen selbstredend darüber. Und auch bei gefährlichen Drohungen darf man die Dunkelziffer an Vergehen, welche erst gar nicht zur Anzeige gebracht wurden, nicht vergessen.

In der Corona-Pandemie wurden Politikerinnen und Politiker, die für die Maßnahmen eingetreten sind, massiv bedroht.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wann spricht man von "gefährlich bedroht"?

Gefährlich bedroht, wer einer anderen Person ein Übel in Aussicht stellt, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen (§ 107 StGB). Dabei muss die Drohung geeignet sein, beim Opfer begründete Besorgnis hervorzurufen. Ob das Opfer die Drohung tatsächlich ernst nimmt oder der Täter, die Täterin wirklich vorhatte, die Drohung in die Realität umzusetzen, ist dabei nicht entscheidend. Die Drohung muss ernst gemeint und verwirklichbar erscheinen.

Unerheblich ist dabei auch, ob beim Opfer wirklich diese Besorgnis ausgelöst wurde – was in der Regel allerdings meist der Fall ist. Vielmehr wird die gefährliche Drohung objektiv betrachtet und ganz allgemein die Eignung der Drohung beurteilt. Besonderer Mut oder Gleichmut des Opfers spielen daher bei der Beurteilung, ob ein strafbares Verhalten vorliegt, keine Rolle. Der Täter, die Täterin muss aber jedenfalls die Absicht gehabt haben, das Opfer in diesen Zustand der Furcht und Unruhe zu versetzen.

Mit Worten oder Handlungen zur Drohung

Was also ist nun eine gefährliche Drohung? Das Androhen von Faustschlägen, Fußtritten oder das Drohen mit dem Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmungsfreiheit können gefährliche Drohungen sein. Ebenso das Androhen der Veröffentlichung von tatsächlichen oder technisch hergestellten Nacktfotos oder Details aus dem Intimbereich werden als solche Drohungen qualifiziert.

So wird eben nicht nur das Äußern einer Drohung mit Worten strafrechtlich geahndet. Nein, auch schriftliche Drohungen via Brief, E-Mail und SMS oder auch schlüssige Handlungen, wie beispielsweise das Abgeben von Schreckschüssen sind als gefährliche Drohungen zu verstehen. Wie so vieles haben sich auch Straftaten teilweise ins Netz verlegt. Dort ist die Hemmschwelle besonders niedrig. Aber auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum. So kann ein Posting ebenso zum Strafverfahren führen.

Gehen die Drohungen so weit, dass der Täter, die Täterin dem Opfer mit einer Entführung oder gar dem Tode droht, so erhöht sich der Strafrahmen von bis zu einem Jahr auf bis zu drei Jahre.

Angst in den eigenen vier Wänden

Wie belastend Drohungen gegen die eigene Person oder nahe Angehörige sein können, sehen wir derzeit am Rücktritt des Gesundheitsministers. Eine Vielzahl der gefährlichen Drohungen geschehen allerdings unmittelbar in den eigenen vier Wänden der Opfer, also im Familienverbund. Das Opfer lebt also nicht selten mit dem Täter, der Täterin im gleichen Haushalt. Es erfordert viel Mut, diesem Kreislauf zu entkommen. Abgesehen von einer Anzeige bei der Polizei, können Opfer auch mit einer einstweiligen Verfügung Schutz erhalten. So sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, dass einer Person, die einer anderen Person durch eine Drohung oder einen körperlichen Angriff das weitere Zusammenleben unzumutbar macht, auf Antrag das Verlassen beziehungsweise die Rückkehr in die Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung aufgetragen beziehungsweise verboten werden kann. Voraussetzung ist, dass die bedrohte Person an der Wohnung ein dringendes Wohnbedürfnis hat.

Man sieht also, ob Politiker oder Politikerin, Frau, Mann, nichtbinäre Person oder Kind – jeder kann Opfer von Drohungen werden. Umso wichtiger ist es sichtbar zu machen, dass es sich auch bei Drohungen um eine Form der Gewalt handelt. (Patricia Hofmann, 14.3.2022)