Foto: APA

Die Aufregung ist groß. Die starke Teuerung ist inzwischen im Alltag in Österreich angekommen. Die Preise haben deutlich angezogen, das wird besonders an der Zapfsäule mit dem Auto offensichtlich, auch Gas ist deutlich teurer geworden, dazu kommen Preissprünge bei anderen Waren wie Fahrrädern.

Im Februar lag die Inflation im Jahresabstand bei 5,9 Prozent. Während bisher erwartet worden ist, dass die Teuerung in den kommenden Monaten zumindest nicht mehr so stark wie bisher weiter steigen wird, ist mit dem Ukraine-Krieg wieder alles anders gekommen. Die Energiekosten ziehen an, auch bei bestimmten Lebensmitteln wird mit einer stärkeren Teuerung gerechnet. Der Überfall Russlands auf die Ukraine setzt auch dem Agrarmarkt zu. Die Ukraine ist weltgrößter Exporteur von Sonnenblumenöl, viertgrößter Exporteur von Mais und siebentgrößter Exporteur von Soja und Weizen. Ob das Land diese Lebensmittel noch in nennenswerten Mengen wird exportieren können, ist fraglich.

Die Rufe in Richtung Politik, endlich einzugreifen, werden lauter. Die Autofahrerclubs, die Wirtschaftskammer und die FPÖ wollen die Einführung der geplante CO2-Steuer verschieben. Die SPÖ, die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft fordern, die Mehrwertsteuer auf Energie zu senken: Die SPÖ will sie befristet ganz streichen, die Arbeitnehmer zumindest halbieren.

Absage an Vorschläge

Einen neuen Input dazu liefern Ökonominnen und Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo. Die Gruppe um Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und Margit Schratzenstaller listet zunächst auf, von welchen Maßnahmen sie abraten würden.

Da ist einmal die Verschiebung der ab 1. Juli geplanten Einführung der CO2-Steuer für Verkehr und Wohnen. Die CO2-Bepreisung sei ein wichtiges Signal dafür, dass im Kampf gegen die Klimakrise fossile Brennstoffe nachhaltig teurer werden müssen, so das Wifo. Davon abzurücken wäre symbolisch falsch, sonst gehe ein wichtiges "Lenkungssignal" verloren. Der CO2-Preis sei zudem zunächst ohnehin so niedrig, dass er Sprit nur leicht, um gerade einmal neun Cent je Liter, verteuern wird. Für die Jahre nach 2022 ist zudem eine Bremse vorgesehen. Sprich: Steigen die Preise für fossile Energieträger stark, reduziert sich im Jahr darauf der Anstieg des CO2-Preises.

Auch eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie, wie es die SPÖ und die Arbeiterkammer fordern, lehnt das Wifo ab. Aktuell hebt der Staat bei Energie den Normaltarif von 20 Prozent ein. Durch den Anstieg der Preise für Sprit nimmt auch der Staat jedes Mal, wenn getankt wird, mehr ein. Auf Benzin und Diesel wird neben der Umsatzsteuer auch eine Mineralölsteuer eingehoben.

Warum das Wifo hier dennoch gegen eine Senkung hier ist? "Diese Maßnahme ist zwar rasch und ohne großen administrativen Aufwand umzusetzen. Allerdings ist ihre Tauglichkeit als Entlastungsmaßnahme begrenzt." Das hat mehrere Gründe. Wer die Mehrwertsteuer auf Benzin senkt, fördert damit auch ausländischen Tanktourismus, zumindest für Private. Unsicher sei zudem, ob eine Senkung der Mehrwertsteuer tatsächlich an die Kunden weitergegeben werde – eine Verpflichtung dazu gibt es ja nicht. Und sogar, wenn: Dann würden besonders jene profitieren, die zum Beispiel viel tanken und Auto fahren, also die Umwelt besonders belasten.

Wifo: Einkommen entlasten?

Das Wifo schlägt andere Maßnahmen vor: einerseits mehr Transferzahlungen, also eine direkte Unterstützung der Haushalte. Eine weitere Möglichkeit wäre eine temporäre Senkung der Tarifsätze im unteren und mittleren Bereich der Einkommenssteuer. Alternativ könnten die Krankenversicherungsbeiträge vorübergehend gesenkt werden.

Der Vorteil davon aus Sicht der Ökonominnen und Ökonomen: Eine höhere Inflation wird im Regelfall erst dann zum Problem, wenn es ein sich selbst verstärkender Prozess wird. Das geschieht, wenn als Folge höherer Preise auch die Löhne sehr stark zu steigen beginnen, woraufhin Unternehmen erst recht wieder die Preise anheben müssen. Ökonomen sprechen von einer Preis-Lohn-Spirale. Mit einer Entlastung bei Arbeitnehmern ließe sich einer solchen Entwicklung entgegenwirken, weil auf den Gewerkschaften dann weniger Druck lastet, hohe Abschlüsse auszuverhandeln.

Das Wifo will schließlich Unternehmen entlasten. So könnte die Elektrizitätsabgabe gesenkt werde. Diese zahlen allerdings nur Unternehmen, die nicht sehr energieintensiv produzieren.

Entlastungen sind schon fixiert

Hinter den Wifo-Vorschlägen und anderen Forderungen steht allerdings noch ein großes Fragezeichen. Unklar ist nämlich aktuell, wie sehr die Haushalte in Österreich die Preissteigerungen spüren. Denn es gibt ja bereits einige Entlastungen. So wird der erwähnte Klimabonus die CO2-Abgabe kompensieren.

Pro Erwachsenen gibt es dabei 100 bis 200 Euro, für Kindern gibt es die Hälfte. Fixiert wurde auch schon ein Energiekostenzuschuss: 150 Euro für alle Haushalte mit Ausnahme der Topverdiener per Gutschein. Für besonders Einkommensschwache gibt es noch 150 Euro dazu. Wie viel der aktuell höheren Teuerung federt das alles ab? Eine Familie in ländlicher Region mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern kann insgesamt auf 750 bis 900 Euro hoffen.

Wer spürt also die Inflation wie stark? Darauf kann das Wifo aktuell keine Antwort geben, eine Berechnung gibt es nicht. Bei der Arbeiterkammer geht man davon aus, dass die derzeitigen Preissteigerungen für Sprit einen Autofahrer im Schnitt 500 Euro im Jahr kosten. Dazu kommen natürlich noch eventuell Mehrkosten bei Gas und Strom.

Parallel dazu kommen auch von der EU-Kommission Denkanstöße: Energiekommissar Kadri Simson etwa hat vorgeschlagen, die EU-Länder sollten eine Sondersteuer auf Energieunternehmen einheben, die aktuell an den stark steigenden Preisen mitverdienen. Das Geld ließe sich nutzen, um erneuerbare Energiequellen zu erschließen. (András Szigetvari, 10.3.2022)