Die Corona-Neuinfektionen sind in Österreich auf einem neuen Höchststand.

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Wien –In der Corona-Kommission läuten angesichts der extrem hohen Fallzahlen die Alarm-Glocken. Nicht nur wurden nach Informationen der APA in der donnerstägigen Sitzung des Gremiums wieder alle Bundesländer auf höchstes Risiko gestellt, es wurde auch die Wiedereinführung geeigneter Präventionsmaßnahmen eingefordert. Interessant ist dabei, dass sich einzig die Vertretung des Bundeskanzleramts bei dieser Empfehlung enthielt. Später schloss sich das Gesundheitsressort an.

In der Kommission agierten die Vertreter des Ministeriums mit ihrem Stimmverhalten noch anders. Auch die Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit und Gecko-Leiterin Katharina Reich sprach sich für die Empfehlung zur Wiedereinführung der Maßnahmen aus, wie der APA Sitzungsbeteiligte berichteten.

Gesundheitsministerium: Verschärfung wäre nicht vermittelbar

Der Ressortchef sieht das offenkundig anders als seine Spitzenbeamten. In einer Stellungnahme des Ministeriums Donnerstagabend hieß es: "Wir müssen sehr darauf achten, Akzeptanz und Verständnis in der Bevölkerung nicht zu verlieren. Eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen wenige Tage nach der weitgehenden Öffnung wäre der Bevölkerung nicht vermittelbar." Sie sei nach den Prognosen, die die Corona-Kommission selbst veröffentlicht habe, auch nicht nötig. Eine Überlastung des Gesundheitssystems sei in keinem einzigen Bundesland absehbar.

Verwiesen wurde etwa darauf, dass man nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen dürfe, sondern auch auf den Anteil der symptomatischen Erkrankungen und in weiterer Folge auch auf die Lage in den Spitälern und Gesundheitseinrichtungen. Freilich sieht es auch da nicht gerade rosig aus, geht aus den Ampel-Dokumenten hervor.

Asymptomatische Fälle in klarer Unterzahl

Die Zahl der asymptomatischen Fälle liegt gerade noch bei 29 Prozent und das ist zum größten Teil Wien zu verdanken, das eine breite Teststrategie verfolgt und mehr als zwei Drittel der Fälle als asymptomatisch ausweist. Zum Vergleich: In Tirol ist es ein Prozent, in Kärnten sind es sieben. Auch die Spitalsprognosen klingen nicht unbedingt günstig. In der Prognose für Salzburg liegt die Auslastung der Normalstationen in zwei Wochen bei 129 Prozent, in Tirol bei 117 Prozent, in Niederösterreich bei 114 Prozent und im Burgenland bei 109 Prozent.

Selbstverständlich sei es den Ländern selbst überlassen, in ihrem Bereich schärfere Maßnahmen zu ergreifen, schreibt das Sozialministerium. Der Bund lege nur die Unterkante der Maßnahmen fest. Diese sei aus heutiger Sicht richtig.

Ungünstige Entwicklung

Begründet wurde in der Kommission der Wunsch nach neuen Maßnahmen mit den steigenden Fallzahlen und der steigenden Belastung im Bereich der Normalstationen an den Spitälern. Daher werde die bundeseinheitliche Wiedereinführung von Präventionsmaßnahmen empfohlen.

Die breiten Öffnungen in Verbindung mit der neuen Omikron-Untervariante, die aktuell in Österreich das Kommando übernimmt, lassen die Corona-Ampel soundso wieder kräftig rot erstrahlen. Gingen die Zahlen in den vergangenen Wochen tendenziell leicht zurück, zeigt der 14-Tage-Trend nun wieder teils kräftig nach oben. Auch das Systemrisiko an den Normalstationen ist im Steigen begriffen, geht aus dem der APA vorliegenden Arbeitsdokument der zuständigen Kommission hervor.

Die Entwicklung ist gegenüber der Vorwoche ungünstig. War da Wien schon nahe daran, die Höchstrisiko-Zone zu verlassen, sieht es nun wieder anders aus. Die Risikozahl, anhand der die Farbgebung bestimmt wird, ist überall nach oben gegangen. Lag sie für das Bundesgebiet vor einer Woche noch bei 169, erreicht sie jetzt knapp 215. Um wenigstens in die zweithöchste Risikozone "Orange" zu kommen, dürfte die 100 nicht überschritten werden.

Bundesländervergleich

Wien bleibt klar bestes Bundesland und hat aktuell einen Wert von 122 bei der Risikozahl, die neben den reinen Infektionen auch Parameter wie Impfstatus und Alter der Patienten berücksichtigt. Vergangene Woche lag der Wert bei 105. Stabil Schlusslicht – diesmal mit einem Wert von 363 – ist Tirol. Besonders stark war der Fallanstieg in den vergangenen beiden Wochen im Burgenland mit 22 Prozent, vergleichsweise am geringsten in der Bundeshauptstadt mit vier Prozent.

Relativ ungünstig entwickelt sich die Situation auch an den Normalstationen der Spitäler. Das Burgenland ist schon im zweistelligen Bereich bei der Covid-spezifischen Belegung. Der Prozentsatz dürfte sich in den kommenden Wochen noch einmal um rund 50 Prozent auf 15 Prozent erhöhen. In allen anderen Bundesländern werden sich die Covid-Fälle in den Krankenhäusern ebenfalls häufen, auch auf den Intensivstationen, wenngleich dort in einem wohl verkraftbaren Ausmaß.

Testvergleich

Die übrigen Parameter zeigen im Vergleich zu den Wochen davor kaum Auffälligkeiten. Weiter wird der größte Teil asymptomatischer Fälle in Wien entdeckt. Bei zwei von drei der festgestellten Infektionen in der Bundeshauptstadt gibt es keine typischen Symptome. In keinem anderen Bundesland gibt es einen Wert, der über ein Drittel hinausgeht. Getestet wird auch wie üblich vornehmlich im Osten. In Wien kommen knapp 107.000 Tests auf 100.000 Einwohner. Relativ knapp dahinter folgen Burgenland und Niederösterreich. Ebenso schon Tradition hat, dass man im Westen keine Freude am Testen hat. Tirol, Salzburg und Vorarlberg sind die Schlusslichter dieses Rankings.

Die höchste reine Fallinzidenz hat diesmal ein niederösterreichischer Bezirk, nämlich Scheibbs. Die niedrigste Inzidenz hat die Stadt Villach gefolgt von Steyr-Stadt und Linz-Stadt. Gerade noch acht Bezirke bzw. Regionen haben einen rückläufigen 14-Tage-Trend. (APA, 10.3.2022)