Vom Germanen zum jüdischen Corona-Zweifler: ein Demonstrant mit blauer Vergangenheit.

Foto: Presse Service Wien

Für große Irritationen sorgten bei Corona-Demos von Beginn an "Maßnahmenkritiker", die sich einen Davidstern anstecken, um sich mit jüdischen Opfern des Holocaust zu vergleichen. Nachdem es zu einigen Anzeigen wegen Verharmlosung des Holocaust nach dem NS-Verbotsgesetz kam, nahm die Zahl der Demonstrierenden mit Judenstern zuletzt stark ab. Doch es werden oft Israel-Flaggen auf den Demos in Wien geschwungen.

Eine davon trägt regelmäßig ein Mann, der manchmal auch mit Kippa auf dem Kopf und Schildern mit Aufschriften in Iwrit marschiert, auf denen er vor einer neuen faschistischen Diktatur warnt. Der Mann wurde deshalb bereits 2021 angezeigt und empörte sich in rechtsextremen Medien darüber, dass er als Jude wegen der Verharmlosung des Holocaust angezeigt wurde.

"Vielleicht ein Germane"

Doch es war nicht der einzige Konflikt, den der Demonstrant mit dem Gesetz hatte. Vor sieben Jahren bezeichnete sich der Mann noch nicht als Juden, sondern meinte im Gespräch mit dem STANDARD, er sei ein "waschechter Österreicher, vielleicht ein Germane". Damals war er FPÖ-Gemeinderat in einer niederösterreichischen Gemeinde. Doch die FPÖ distanzierte sich von ihm und strengte ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn an, als er wegen Verhetzung und gefährlicher Drohung vor Gericht landete. Seine Feindbilder: Frauen und Muslime. Die Verhandlung endete mit einer Diversion und einer Zahlung von 1.500, die der Mann leisten musste.

Mittlerweile ist der Mann konvertiert und besuchte eine Zeitlang eine Wiener Synagoge, deren Gemeinde ihn aber bereits letzten Sommer ausschloss, weil er auf den Demos – auch im Namen der betreffenden Synagoge – auftrat, allerdings ohne Rücksprache mit der Gemeinde, wie man dem STANDARD dort bestätigte. Der Sicherheitsdienst der Synagoge, die er einst frequentierte, wurde sogar angewiesen, ihn nicht mehr eintreten zu lassen.

Die schriftliche Nachfrage des STANDARD, warum er trotz Ausschluss weiter auf Demos für Juden spreche, quittierte der Mann kurzerhand damit, dass dies "falsche Behauptungen und Blödsinn" seien. (Colette M. Schmidt, 11.3.2022)