Bei seinem Staatsbesuch in Österreich machte Wladimir Putin im Juni 2014 – wenige Monate nach Annexion der Krim – auch Halt in der Wirtschaftskammer, wo er es mit Ex-Bundespräsident Heinz Fischer und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl recht lustig hatte.

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Was man aus der Ukraine hört, sieht und liest, lässt einen fassungslos zurück, wahrscheinlich auch wütend – und großteils mit einem Gefühl von Machtlosigkeit. Das versuchen viele Menschen auszugleichen. Sei es mit Spenden, der Teilnahme an Solidaritätskundgebungen oder indem man via soziale Netzwerke in die Welt hinausschickt, was man vom menschenverachtenden Verhalten Wladimir Putins hält.

Das brutale Vorgehen des russischen Präsidenten in der Ukraine haben auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein Vorgänger Heinz Fischer scharf kritisiert. Das ist gut und ein wichtiges Zeichen. Was beiden Staatsmännern aber nicht über die Lippen kommt, ist, dass sich Österreich in der jüngeren Vergangenheit allzu Russland- bzw. Putin-freundlich gab. Tenor: Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern haben ja wunderbar funktioniert. Es gab keinen Anlass, das zu beenden. Niemand konnte damit rechnen, dass Putin einen Krieg anzettelt.

Gefährliches Achselzucken

Das stimmt. Aber natürlich gab es Anlässe, um Russland keinen "roten Teppich mit Schleimspur" mehr auszurollen, von dem Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) treffenderweise sprach. Die innenpolitischen Entwicklungen in Russland geben genug Grund dafür – die Zensur und Kontrolle der Medien, die zahlreichen eingesperrten Menschenrechtler oder die getöteten Oppositionellen.

Oder die Annexion der Krim 2014. Es wurde in Österreich viel zu schnell viel zu still um diesen völkerrechtswidrigen Einmarsch auf der Halbinsel bzw. in der Ostukraine. Das stumme Achselzucken dürfte Putin zumindest nicht von seinen jetzigen Plänen abgehalten haben. Schließlich hat man in Wien vier Monate nach dem Einmarsch russischer Soldaten auf der ukrainischen Halbinsel auch mit ihm Scherze gerissen.

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Während die eigenen Worte, die man für den Krieg in der Ukraine findet, wahrscheinlich nur der Selbstberuhigung dienen, hat das, was Staatsoberhäupter sagen, natürlich Gewicht. Es möge schon sein, dass der Umgang mit der Krim ein Anlass gewesen wäre, die Beziehungen zu überdenken, sagte Van der Bellen im "ZiB 2"-Interview. "Aber was bringt das jetzt?" Und Heinz Fischer, der 2014 mit Putin in der Wirtschaftskammer lachte, meint, man müsse damalige Verhaltensweisen aus damaliger Sicht bewerten.

Blanker Hohn

Das ist keine Haltung, das ist beschämende Sturheit und muss für Ukrainerinnen und Ukrainer wie blanker Hohn klingen. Ist es denn wirklich so schwierig zu sagen: "Ja, wir hätten damals schon stärker auf die Einhaltung von internationalem Völkerrecht und Menschenrechten pochen – und Putin nicht mehr nach Wien einladen sollen"? Dieses Eingeständnis fehlt übrigens nicht nur bei (ehemaligen) Bundespräsidenten, es würde allen Politikerinnen und Politikern – amtierenden wie ehemaligen – gut stehen. (Lara Hagen, 11.3.2022)