"Es ist herzzerreißend, wenn ich an die Kinder, Mütter und Väter denke." So beginnt Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Freitag seine Rede in Schloss Bellevue, dem Amtssitz seines deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier. Er ist gekommen, um an einem Symposium zum Thema Demokratie teilzunehmen. Aber natürlich wird auch dieses vom Krieg in der Ukraine überschattet.

Präsidiales Maskenmanagement in Berlin
Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL

"Wie stärken wir die Republik?" lautet die Frage der Veranstaltung. Für Van der Bellen zählt dazu auch "Achtsamkeit in der Sprache und der Wille, zu sprechen und zu verhandeln".

Schon am Mittwoch hatte Van der Bellen das Telefonat zwischen dem deutschen Kanzler Olaf Scholz und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gelobt: "Ich finde es richtig, wir müssen im Gespräch bleiben, ein Versuch ist es wert."

Van der Bellen kritisierte beim Symposium, dass in der Pandemie Falschinformationen und Lügen einfach als alternative Fakten angeboten werden, und betonte: "Wir müssen in unserer Sprache wieder etwas klarer werden und die Kategorien Wahrheit und Lüge wieder mehr gebrauchen." Vielleicht sei man "nachlässig und an der falschen Stelle tolerant geworden".

Wert der Demokratie

Der Krieg in der Ukraine mache gerade sehr klar, wie wertvoll Demokratie sei. Van der Bellen: "Immerhin ist es in unserem System ausgeschlossen, dass ein Staatschef gegen seine eigene Bevölkerung, gegen die Interessen seiner eigenen Bevölkerung agiert, dass Menschen für ihre Meinungsäußerung eingesperrt werden, dass man einen Krieg vom Zaun bricht, den die eigene Bevölkerung nicht will." Demokratie bedeute immer "die Notwendigkeit, miteinander zu reden – auch wenn es lange dauert".

Van der Bellen hatte in Berlin nicht nur Kanzler Scholz und Bundespräsident Steinmeier getroffen, sondern auch den deutschen Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie den Minister für Klimaschutz und Wirtschaft, Robert Habeck (Grüne). Nach dem Gespräch mit Habeck erklärte der Bundespräsident: "Der Austausch mit einem so bedeutenden Wirtschaftspartner wie Deutschland macht mich zuversichtlich, dass wir die wirtschaftlichen Auswirkungen der Ukraine-Krise gemeinsam abfedern können."

Eine Unterredung mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) war nicht zustande gekommen, weil Baerbock zu einer Balkan-Reise aufgebrochen war. Stattdessen besuchte Van der Bellen den Euref-Campus, wo sich mehr als 150 Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit den Schwerpunkten Energie, Mobilität und Nachhaltigkeit beschäftigen. (Birgit Baumann, 11.3.2022)