Fernwärme, Wärmepumpe – oder doch Pelletsheizung? Die Gasheizung muss raus, die Frage ist aber: Womit soll man sie ersetzen? Das hängt davon ab, wie und wo man wohnt. Welches Heiz-System sich für welche Wohnform auszahlt.

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Das Einfamilienhaus

Als das Reihenhaus im Linzer Speckgürtel mitsamt Gasheizung im Keller vor mehr als 30 Jahren errichtet wurde, war es ein modernes Haus mit ebenso modernem Heizsystem. Heute wirken nicht nur der Cotto-Boden im Esszimmer und der Partyraum im Keller ein wenig aus der Zeit gefallen, sondern ganz besonders auch die Gasheizung.

Bodenbelag und Kellerbar sind Geschmackssache. Doch das Heizsystem wird in den kommenden Jahren gegen eine nachhaltigere Alternative ausgetauscht werden müssen. Bis 2040 soll es keine Gasheizungen mehr in Österreich geben, das wird auch das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das sich in Planung befindet, vorschreiben.

Die gute Nachricht für die Eigentümerinnen und Eigentümer eines Einfamilienhauses: Die Wahl des Heizsystems liegt allein in ihrer Hand. Das macht die Entscheidungsfindung theoretisch einfach, denn man ist nicht wie im Mehrparteienhaus auf die Kooperation der anderen Eigentümerinnen und Eigentümer angewiesen.

Ein Förder-"Schlaraffenland"

Das macht das Einfamilienhaus, immerhin die beliebteste Wohnform des Landes, zu einem der ganz großen Hebel auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die Energieberatungen bemerken dazu derzeit viele Anfragen.

Nicole Büchl, Sprecherin der "Hauskunft", der Sanierungsberatung des Wohnfonds Wien, beobachtet, dass viele Einfamilienhausbesitzerinnen und -besitzer bereits sehr gut informiert und auch motiviert für die Veränderung sind: "Viele wollen ihren Kindern ein zukunftsfittes Haus übergeben."

Für diesen Schritt gibt es zahlreiche sehr gut gefüllte Fördertöpfe. Als "Schlaraffenland" bezeichnen Kenner die Fördersituation derzeit sogar.

Da wären einmal die Förderungen des Bundes: Unter dem Motto "Holt die Leichen aus dem Keller" bewirbt das Klimaschutzministerium den Austausch von Öl- und Gasheizungen, den es mit bis zu 7500 Euro fördert. Mit Anfang März wurden bereits 24.586 entsprechende Förderungsanträge gestellt und darüber hinaus 11.892 Registrierungen vorgenommen. Aktuell stehen noch starke 516,9 Millionen Euro an Mitteln zur Verfügung.

Kurzfristige Maßnahmen

Gesonderte Unterstützung gibt es auch für einkommensschwache Besitzerinnen und Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Reihenhäusern: Mit der Aktion "Sauber heizen für alle" werden sie beim Umstieg auf ein klimafreundliches Heizsystem mitunter sogar mit bis zu 100 Prozent der anfallenden Kosten unterstützt. Die Förderung steht Haushalten der untersten beiden Einkommensdezile zur Verfügung. In einem Ein-Personen-Haushalt entspricht das einem Monatseinkommen von netto bis zu 1454 Euro. Zusätzlich gibt es außerdem noch Förderungen von den Bundesländern in der Höhe von einigen Tausend Euro. Die Errichtung von Wärmepumpen wird auch von einigen Energieversorgern gefördert.

Auch kurzfristig bieten besonders die Einfamilienhäuser einen Ausweg aus der Abhängigkeit von Wladimir Putins Erdgas. Wer daheim nämlich über einen Kachelofen verfügt, kann damit oft große Teile des Hauses heizen. So wie auch im eingangs erwähnten Haus in Oberösterreich, wo die Heizkörper zwar kalt bleiben, der Partyraum aber dennoch wohlig warm ist.

Was für Einfamilienhäuser infrage kommt

Fern- und Nahwärmenetze: Dort, wo es die Möglichkeit des Anschlusses an ein Netz gibt, ist das auch beim Einfamilienhaus die beste Option. Ein Vorteil der Fernwärme ist, dass bestehende Heizkörper weiter verwendet werden können. Allerdings gibt es diese Möglichkeit sehr häufig nur im dichter verbauten Gebiet, für das klassische Einfamilienhaus kommt die Methode häufig gar nicht infrage.

Wärmepumpen: Der Einsatz im Einfamilienhaus macht laut Energie-Experte Michael Cerveny Sinn, "außer das Haus ist thermisch ganz schlecht und hat noch sehr alte Radiatoren". Sinnvoll kann das Umrüsten in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage sein.

Pelletsheizung: Auf dem dünner besiedelten Land ist die Pelletsheizung, also das Heizen mit Presslingen aus Sägemehl und Holzspänen, oft das Mittel der Wahl. Sie gilt dem Umweltministerium als "die logische Nachfolgetechnologie für die Ölheizung in Gebäuden mit Heizkörpern". Für Passiv- und Niedrigstenergiegebäude sind die Kessel aber oft zu groß dimensioniert.

Solarthermie/Photovoltaik: Solarkollektoren können die Heizung in der Übergangszeit unterstützen und Warmwasser aufbereiten. Mittels Photovoltaik kann die elektrische Heizung betrieben, überschüssiger Strom ins Netz eingespeist werden. Der Nachteil: Je größer der Energiebedarf des Gebäudes, desto mehr CO₂-belasteter Strom wird im Winter von auswärts benötigt.

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Das Mehrparteienhaus

Es ist ein preisgekröntes Vorzeigeprojekt: In Wien-Hernals wurde ein ganzer Wohnblock energetisch auf ein klimaneutrales Fundament gestellt. Im Smart Block Geblergasse wird auf Erdwärme, Photovoltaik und Umgebungswärme gesetzt, der Clou dabei ist das sogenannte Anergienetz, das mehrere Häuser mit einem Rohrleitungssystem verbindet und so für den Austausch sorgt. Ein Wärmeversorgungsverbund, sozusagen.

ÖGUT-Energieexperte Gerhard Bayer war bei dem Forschungsprojekt an Bord. Einen Anschluss an das Fernwärmenetz habe man zunächst auch überlegt, sagt Bayer dem STANDARD. Jedoch: "Man hätte für die Leitungen unter der Ottakringer Straße durchbohren müssen, dort verkehren Straßenbahnen. Der Anschluss hätte 500.000 Euro gekostet."

Von zwölf auf 45 Grad

Man setzte also auf Erdwärmesonden. Bei der Nutzung von Geothermie hat sich in jüngster Zeit viel getan. "Das Wiener Grundwasser hat das gesamte Jahr über konstant zwölf Grad", sagt Bayer. "Eine Sole-Wasser-Wärmepumpe kann damit Wasser auf 45 Grad aufheizen, indem es in einen sehr heißen und einen sehr kalten Anteil getrennt wird." Ganz ähnlich funktioniert auch eine Luft-Wärme-Pumpe, allerdings benötigt sie wesentlich mehr Strom. "Und sie ist auch wesentlich lauter", sagt Bayer.

Will man ein Gebäude ohne Gas-Zen tralheizung auf einen Betrieb mit Fernwärme oder Wärmepumpe umstellen, muss man allerdings nicht nur im Technikraum, sondern im gesamten Gebäude gröbere Umbauten vornehmen. Für Steigleitungen muss aufgestemmt werden, betont auch Michaela Deutsch von der Wien Energie. Und eine große Her ausforderung sei auch, dass die elektrotechnische Anlage saniert werden müsse; denn wenn es dort — wie so oft – auch noch Gasherde gibt, braucht es Starkstrom für die neuen E-Herde.

Wenige Optionen für Mieter

Wohnrechtlich betrachtet ist es für Hausbesitzer noch relativ einfach, die Umstellungen in die Wege zu leiten. Das gerade in Ausarbeitung befindliche Erneuerbare-Wärme-Gesetz dürfte dem Vernehmen nach auch Duldungspflichten für Mieter beinhalten, damit es für Vermieter leichter möglich wird, gegen den Widerstand von Mietern Sanierungen durchzusetzen. Will man andererseits als Mieter eine Sanierung initiieren, gibt es abgesehen von den Möglichkeiten, die der Paragraf 4 des Mietrechtsgesetzes bietet ("Nützliche Verbesserung durch bautechnische Maßnahmen"), kaum eine Handhabe.

Auch als Eigentümer einer einzelnen Wohnung in einem Mehrparteienhaus hat man momentan noch keine Chance, seinen Willen gegen die Mehrheit der Eigentümer durchzusetzen. Hier wird aber die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes Abhilfe schaffen: Mit 1. Juli 2022 wird die Entscheidungsfindung erleichtert, ein Drittel an sanierungswilligen Bewohnern kann dann schon reichen. Förderungen gibt es jedenfalls auch für mehrgeschoßige Wohnbauten, etwa auch über die Bundesaktion zur thermischen Sanierung.

Doch eines ist klar: Eine solche Sanierung dauert. Als ersten Schritt gelte es deshalb eher, die "low-hanging fruits" zu ernten, betont Franz Angerer, Geschäftsführer der Energieagentur: "Es gibt immer noch viele Häuser, die mit 24 oder 25 Grad beheizt werden." Die Temperatur um ein Grad zu senken spart sechs Prozent Energie. Da sind dann halt Pullover und Socken gefragt.

Was die Optionen in der Stadt sind

Fernwärmenetze: In Österreichs größeren Städten gibt es überall Fernwärmenetze, die allerdings zumeist auf fossilen Quellen basieren; für den Betrieb werden Gas und Müll verbrannt. Fernwärme klimaneutral zu betreiben ist die große Herausforderung der kommenden Jahre.

Wärmepumpen: Solche Heizsysteme sind dort eine Option, wo Biomasse nicht möglich und Fernwärme nicht verfügbar ist, sofern ausreichend Wärmequellen (Grundwasser, Solarenergie, Abwärme) vorhanden sind. "Die Kunst dabei ist, im Betrieb mit möglichst wenig Strom auszukommen", sagt ÖGUT-Experte Gerhard Bayer. Effiziente Systeme mit Erdwärmesonden, die im Sommer wieder regeneriert werden, können mit 1 kWh Strom 6 kWh Wärme für Heizung und Warmwasser erzeugen ("Jahresarbeitszahl"). Vor der Errichtung einer Wärmepumpen-Heizanlage sollte das Gebäude aber jedenfalls thermisch saniert werden.

Biomasse: Heizen mit Pellets oder Hackschnitzeln ist zwar grundsätzlich auch in der Stadt möglich, allerdings ist im dicht verbauten Gebiet oft wenig Platz für die benötigten Lagerflächen, und auch die Anlieferung gestaltet sich häufig als sehr schwierig.

Anergienetze: Sie sind die Zukunft, jedenfalls dort, wo es keine (fossilfrei betriebene) Fernwärme gibt: Mehrere Gebäude nutzen Wärmequellen und Wärmespeicher gemeinsam, etwaige Überschüsse können für benachbarte Häuser verwendet werden. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 13.3.2022)