
Hält Nonchalance und Laszivität in Schwebe: Joan As Police Woman – sie gastiert kommenden Dienstag im Wiener Wuk.
Eigentlich wollte Joan Wasser selbst gar nicht singen, zumindest nicht außerhalb der Dusche. Die klassisch ausgebildete US-Musikerin begann erst ihre Stimme zu erheben, als sie an die Gitarre wechselte. Das war ein Glücksfall für die Welt, denn Joan Wasser ist als Joan As Police Woman eine der originellsten Musikerinnen der letzten 15 Jahre. Eine, die es schafft, ihre Vorliebe für New Wave und Hochglanz-Pop mit ihrer ganz großen Liebe kurzzuschließen, mit Soulmusik.
Bei diesem Unterfangen sind seit ihrem Debüt Real Life (2006) zumindest acht mehr oder weniger spektakuläre Alben entstanden. Wobei sie nie mit dem Spektakulären spekuliert, nein, die Sensation ihrer Musik liegt in ihrer Eleganz, die sie an der Gitarre und gerne mit einem ökonomisch gespielten Keyboard zum Ausdruck bringt.
So einem elektronischen 1970er-Jahre-Ding, wie Ray Charles eines kontrollieren musste, als er sich im Film Blues Brothers mit dem Vorwurf konfrontiert sah, das Instrument hätte keinen Pfiff mehr.
Wasser pflegt dazu eine Attitüde, die umwerfend edel ist, gleichzeitig wurde ihr Mundwerk in den Straßen New Yorks geschult, wo sie als "hired gun" für Leute wie Lou Reed, Antony and the Johnsons, Rufus Wainwright und andere gespielt hat und wo sie mit der Federboa um den Hals durch die ärgsten Gegenden schlenderte – bevor sie sich selbst in die erste Reihe stellte, mit der Boa immer noch dort, wo sie hingehört.
Edle Wassermusik
In dieser Rolle ist sie am Dienstag im Wiener Wuk zu erleben. Im Trio wird sie alles rauslassen, was sich in den letzten beiden Jahren aufgestaut hat. In der Zeit hat die gerade in Berlin lebende Musikerin immerhin drei Alben veröffentlicht.
Ein Livedokument, ein Coverversionenalbum, ihr zweites in diesem Fach, und zuletzt eine Zusammenarbeit mit dem kurz nach den Aufnahmen gestorbenen Afrobeat-Meister Tony Allen, zu dem sie über Vermittlung von Damon Albarn gekommen ist. Mit dem Blur- und Gorillaz-Chef hat sie natürlich auch schon gespielt. Zu ihren besten Songs zählen elegische, sich verzehrende Balladen, die sie gerne etwas beschleunigt oder sie zwischen Nonchalance und Laszivität in Schwebe hält.
Was im Pop allzu oft nur ordinäre Resultate zeitigt, beschert dem Publikum im Falle der Joan Wasser eine Diva mit Schmäh, die durch ihre Songs stakst, schwebt oder brettert – das hat sie bei Rockbands wie den Bostoner Dambuilders gelernt, oder bei Jeff Buckley.
Der 1997 im Mississippi ertrunkene Tragöde hatte Tage vor seinem Tod erst um ihre Hand angehalten.
Für ihr aktuelles Tourprogramm verspricht sie "new songs, covers and classics". Zu den Covers gehören Titel von Public Enemy oder Britney Spears ebenso wie solche von Talk Talk oder Prince. Aber egal, was sie wie behandelt, am Ende ist es immer beste Wassermusik. Gerade live, wenn es mit ihr durchgeht, rechtfertigt jedes Konzert der 51-Jährigen die Zuschreibung als Pflichttermin. (Karl Fluch, 12.3.2022)