Würde es nicht beim Einschalten am Bootscreen stehen, wäre es schwer zu glauben. Aber: Googles Android One-Initiative lebt noch. Das Projekt war einst gestartet worden, um Handyherstellern einen Teil der Arbeit beim Updatesupport abzunehmen, um im Gegenzug schnellere und längere Versorgung mit Patches bieten zu können. Wie es scheint, ist Nokia hier mittlerweile ein Einzelkämpfer. Andere Hersteller haben sich wieder verabschiedet und teilweise ihre Supportversprechen erweitert – zumindest für teurere Smartphones.

Das ist einer der Unterschiede, den Nokia (bzw. eigentlich dessen Lizenzproduzent HMD Global) unter anderem mit seinen neuesten Handys – dem G20 und G21 – machen möchte. Für beide Handys, die im Handel für 150 bis 180 Euro zu haben sind, werden zwei Android-Versionsupdates und drei Jahre Sicherheitspatches garantiert, was in dieser Preisklasse Seltenheitswert hat. Doch was haben sie darüber hinaus zu bieten? Um das herauszufinden, hat DER STANDARD das Nokia G21 getestet.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Basics

Das Handy präsentiert sich in einem Polycarbonat-Gehäuse in den Dimensionen von 164,6 x 75,9 x 8,5 Millimeter und 190 Gramm Gewicht. Die Rückseite hat eine geriffelte Textur, dementsprechend lässt sich das Handy auch gut und "rutschfrei" halten und macht einen robusten Eindruck. Die Ränder fallen etwas dicker aus, als in teureren Gefilden. Einhändige Verwendung ist nur eingeschränkt möglich. Der Ein/Aus-Schalter, in dem ein zuverlässig arbeitender Fingerabdrucksensor sitzt, ist gut erreichbar. Die darüber angebrachte Lautstärkewippe jedoch nicht.

Die Vorderseite füllt zum größten Teil ein Display mit 6,5 Zoll Diagonale und IPS-LCD-Panel aus. Dieses kommt auf "HD+"-Auflösung mit 1.600 x 720 Pixel. HDR-Support gibt es nicht, allerdings ist Darstellung mit bis zu 90 Hertz Bildwiederholrate möglich. Beschränkt ist diese allerdings auf einen "adaptiven" Modus, in dem das System selbständig festlegt, wann es die höhere Frequenz nutzt. Alternativ lässt sich die Wiederholrate auch auf 60 Hz beschränken.

Mit einem AMOLED-Panel kann der Bildschirm nicht mithalten, dazu fehlen ihm sowohl die Kontraststärke, als auch die Intensität in der Farbabbildung. Somit wirkt im Vergleich alles eine Spur "blasser". Mit diesem Abstrich ist in der Preisklasse zu rechnen, dennoch ist die Darstellungsqualität gut. Dass die maximale Helligkeit mit 400 nits nicht allzu hoch ist, macht sich unter direktem Sonnenlicht bemerkbar.

Beim Prozessor setzt Nokia nun auch bei Handys erstmals auf Unisoc (vormals als Spreadtrum bekannt) anstelle von Mediatek oder Qualcomm. Die Unterlage für das G21 bildet der T606-Octacore-Chip.Diesem stehen je nach Modell entweder 3 oder 4 GB Arbeitsspeicher zur Seite. Die Onboard-Speicherkapazität beträgt 64 oder 128 GB. Getestet wurde das Modell mit 64 GB Speicher und 4 GB RAM.

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Performance

In Benchmarks ordnet sich dieser klar der Einsteigerklasse zu. Bei Testläufen mit Geekbench und 3DMark schneidet der Chip in etwa ab wie fünf bis sechs Jahre alte Spitzenhandys von Samsung und Co. Er trifft ziemlich genau das Niveau des Snapdragon 660, der 2018 in diversen Mittelklasse-Devices zu finden war.

Synthetische Tests geben freilich nur bedingt Aufschluss auf die reale Performance im Alltag. Hier zeigt das Handy zwei Gesichter. Abseits kleinerer Laderuckler kommt das Telefon problemlos mit Websurfen, Messaging oder Videostreaming zurecht. Auch beim Multitasken zwischen mehreren Apps gibt es sich wenig Blöße, sofern keine davon ein Programm oder Spiel ist, dass größere Performance- und RAM-Ressourcen benötigt.

Bei Games zeigen sich die Grenzen der Hardware allerdings trotz der limitierten Auflösung. Das Rennspiel "Asphalt 9: Legends" läuft mit "Standard"-Grafikeinstellungen erstaunlich flüssig, wenn auch nicht konstant mit 60 Frames pro Sekunde. Selbst mit "hohen" Settings wären es noch gut spielbar, wären da nicht mittendrin auftretende, unvorhersehbare Ruckler. "Pokémon Go", das zwar grafisch weniger aufwändig gestaltet ist, dafür konstant die Internetverbindung, GPS und Orientierungssensore nutzt, beginnt bald nach dem Start zu ruckeln und längere Hänger zu produzieren. Ein Gyroskop ist übrigens nicht verbaut, Augmented-Reality-Features sind also nicht nutzbar. Ein Gaming-Handy ist das Nokia G21 fürwahr nicht, das wäre für 180 Euro aber auch etwas viel verlangt.

Die restliche Ausstattung zeigt sich ausreichend aktuell. Das Smartphone kommt ohne 5G-Support, bietet aber LTE, Wifi 5 (802.11ac), Bluetooth 5.0 und NFC. Das Handy gibt es zwar auch als Variante mit nur einem SIM-Steckplatz, hierzulande wird aber die Version mit Platz für zwei nanoSIMs verkauft. Der Speicher lässt sich zudem mit einer microSD-Karte erweitern. Im Gegensatz zu vielen anderen Smartphones, die dies unterstützen, gibt es hier einen eigenen Steckplatz für die Speicherkarte und man muss keinen SIM-Slot dafür opfern. Datenübertragung per Kabel und das Aufladen des Akkus erfolgt über einen USB-C-Anschluss (USB 2.0). An der Oberseite des Gerätes findet sich zudem ein 3,5mm-Klinkenanschluss.

Software

Vorinstalliert ist überraschenderweise noch Android 11, obwohl Android 12 seit Anfang Oktober 2021 fertig ist. Gemäß dem Updateversprechen sollte das Telefon mindestens bis Android 13 Versionsupdates bekommen. Bei den Sicherheitspatches befand sich das Testhandy zuletzt (12. März) am Stand von Jänner, obwohl gemäß Android One-Versprechen monatliche Aktualisierungen geliefert werden und damit zumindest die Februar-Patches bereits abrufbar sein sollten.

Das System präsentiert sich puristisch im "Vanilla"-Android-Outfit. Abgesehen von wenigen, vorinstallierten Apps wie Netflix, Linkedin und Spotify – die sich einfach deinstallieren lassen – findet sich keine Bloatware auf dem Gerät.

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Kamera

Durchaus prominent platziert in der Werbung für das G21 hat Nokia auch dessen Kameraausstattung. Diese besteht aus einem Triple-Modul, bei dem besonders der "KI-gestützte" Weitwinkel-Sensor mit 50 Megapixel Auflösung hervorgehoben wird. Flankiert wird dieser von einer Makrokamera und einem Tiefensensor, die jeweils mit 2 MP arbeiten.

Die Fotos mit der Hauptkamera sehen bei Tages- und Abendlicht auf den ersten Blick "gut" aus. Jedenfalls gut genug, um in begrenzter Auflösung auf privaten Social Media-Accounts geteilt zu werden. Der HDR-Modus steuert meist gut gegen, wenn dank starker Helligkeitsunterschiede der Himmel auf einem Foto "auszuweißen" droht. Auch unter Kunstlicht schlägt sich die Kamera oberflächlich gut. Die Farbwiedergabe ist realistisch, wenn auch eher auf der blassen Seite. Nichts, was man nicht in einer beliebigen Galerie-App korrigieren könnte.

Der Teufel liegt, wie erwarte, im Detail. Wirft man einen näheren Blick auf die Fotos, so zeigt sich eine klare Schwäche beim Einfangen kleinerer Strukturen und Details, die mit größer werdender Distanz zunehmen. Eine Rolle spielen hier auch aggressive Rauschentfernung und Nachschärfung, die die Defizite des Sensors kompensieren sollen. Besonders sichtbar wird dies, wenn man den in der Kamera-App angebotenen Zweifach-Zoom nutzt. Dieser verwendet einen Ausschnitt der vollen 50-Megapixel-Aufnahme und versucht diesen, mittels KI-gestütztem Postprocessing aufzuwerten. Das Ergebnis sieht, nicht nur auf einem größeren Bildschirm, circo so aus, als wäre es mit einer Farbfotokamera aus den 1970ern aufgenommen worden.

Sobald es dunkel wird, kämpft da Nokia G21 mit längeren Auslösezeiten und dem fehlen optischer Bildstabilisierung. Die genannten Schwächen werden noch evidenter. Es gibt einen Nachtmodus, der angesichts der Defizite ordentlich funktioniert.

Der Makrosensor ist angesichts seiner niedrigen Auflösung und schwacher Detailabbildung eine Gimmick von überschaubarem Nutzen. Die Frontkamera (8 Megapixel) liefert durchschnittliche Aufnahmequalität mit ebenfalls etwas blassen Farben. Die Unterscheidung zwischen Vorder- und Hintergrund im Porträtmodus könnte zuverlässiger sein.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Die Kamera-Performance muss man natürlich in Kontext zum Preis setzen. Dass ein Handy, das im Handel teilweise schon um 160 Euro zu haben ist, eher kein Konkurrent zu einem Apple iPhone 12 oder Samsung Galaxy S22 ist, dürfte wohl jedem einleuchten. Wer einfach nur Ereignisse dokumentieren oder Schnappschüsse aus dem Alltag ohne großem Anspruch teilen möchte, findet mit dem Nokia G21 durchaus sein Auslangen.

Akustik und Akku

In akustischen Belangen schlägt sich das Handy durchschnittlich. Die Soundausgabe erfolgt über einen Mono-Lautsprecher an der Unterseite mit passabler Lautstärke und erwartbar "dosigem" Klang. Beim Telefonieren hört man das Gegenüber etwas verwaschen und verrauscht, aber ausreichend verständlich, sofern es keinen großen Hintergrundlärm gibt. Man selbst wird ebenfalls verzerrt, aber noch verständlich wahrgenommen. Eine effektive Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen scheint es nicht zu geben. Musik, Straßenlärm und andere Geräuschquellen sind für den Gesprächspartner leise, aber klar wahrnehmbar.

Die Werbetrommel rührt Nokia auch hinsichtlich der Akkulaufzeit. 5.050 mAh bringt der Energiespeicher mit, was für drei Tage Laufzeit reichen soll. Das Versprechen dürfte auch haltbar sein, sofern man das Handy nur gelegentlich nutzt. Mit Sicherheit sagen lässt sich aber, dass man auch als "Poweruser" gut und mit Reserven über den Tag kommt, selbst wenn man die adaptive Bildwiederholrate aktiviert hat. Limitiert man den Bildschirm auf 60 Hz, sind zwei Tage als "Normalfall" durchaus realistisch.

Schnellladen wird mit bis zu 18 Watt Leistung unterstützt. Laut Systemeinstellungen kann man außerdem via Reverse Charging auch andere Geräte aufladen (nicht getestet).

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Fazit

In seinem Preisbereich misst sich das Nokia G21 mit Geräten wie Xiaomis Redmi 11 oder dem Motorola Moto G31. Den Performancevergleich gewinnt es dabei am Spezifikationszettel klar nicht, die Leistung reicht aber für Kommunikation, Multimedia und viele Casual Games. Dazu punktet es mit purem Android und einem bei Budget-Smartphones nicht selbstverständlichem Update-Versprechen.

Mit dabei ist außerdem eine für Snapshots taugliche Kamera, die beim Einfangen von Details und bei schwierigeren Lichtbedingungen deutliche Schwächen zeigt. Wer einfach nur ein "zweckmäßiges" Handy mit langer Akkulaufzeit sucht, wird aber gut bedient, denn selbst wer das Telefon oft verwendet sollte es circa zwei Tage lang einsetzen können, ehe es wieder aufgeladen werden muss. (Georg Pichler, 12.3.22)

Testfotos

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Tageslicht
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2x-Zoom
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Tageslicht
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Tageslicht
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Dämmerung
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2x-Zoom
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Kunstlicht
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Makro-Kamera
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Selfie-Kamera (Porträtmodus)
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Nachtmodus
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Nachtmodus
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