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John Williams dirigierte wieder in Wien.

Foto: AP

Alte weiße Männer sind nicht alle toxisch und auf Terror fixiert, es gibt auch ein paar nette. Gott, möglicherweise. Und John Williams. Für seine Fans hat der Komponist aufgrund seiner Musikbeiträge zu Filmen wie Star Wars, Indiana Jones, E.T. und Harry Potter ja sowieso einen gottähnlichen Status. Seit einem Kinobesuch anno 1977 zählt auch Geigerin Anne-Sophie Mutter zu den Freundinnen von Williams’ Kunst.

Vor zwei Jahren hatten sich Mutter und Williams schon einmal im Wiener Musikverein zu einem Tête-à-Tête getroffen, begleitet von niemand Geringerem als den Wiener Philharmonikern. Am Wochenende wurde das Rendezvous wiederholt, man gab dabei, erstmals in Europa, Williams’ zweites Violinkonzert, das dieser eigens für die herausragende deutsche Geigerin komponiert hat. Wer nun allerdings erwartet hatte, dass es der 90-Jährige seinem Vorgänger, Komponist Erich Wolfgang Korngold, gleichtat und für sein Violinkonzert einfach bekömmliche Themen aus seinen Filmmusiken wiederverwertete, erwartete Falsches.

Golden Kleid und golden Haar

Das durchkomponierte Werk erwies sich als rhapsodisch geprägt und durchaus dissonanzaffin. Nach einem Prolog erzählte Mutter – golden ihr Kleid, golden ihr Haar – im zweiten Satz (Rounds) vor sanftem Wellengekräusel der Holzbläser in klassischem Geigenton dies und das. Rhythmisch geprägt der dritte Satz (Dactyls), die Solistin matchte sich dabei kurz mit der Pauke.

Dann wechselte mürbe Melancholie mit Fin-de-Siècle-Klangzauber, und das heterogene Werk schloss mit wärmender Zufriedenheit. Nach der Pause folgten Williams’ größte Hits, meist stehend beklatscht. Die Wiener Philharmoniker interpretierten sie robust; andere Symphonieorchester könnten die Stücke genauso spielen, sogar mit verlässlicheren Hörnern. Vier Zugaben und frenetische Begeisterung nach einem langen Nachmittag. (Stefan Ender, 13.3.2022)