Der Oligarch Roman Awdejew sucht nun nach einer Alternative.

Foto: Imago / ITAR-TASS / Artyom Geodkyan

Wenn ein Oligarch, Eigentümer der zweitgrößten Privatbank Russlands und Vertrauter des russischen Präsidenten, eine kleine, defizitäre Kärntner Regionalbank kaufen möchte, dann müsste die Investitionskontrolle eigentlich zuschlagen, beklagt sich Neos-Abgeordneter Gerald Loacker. Stattdessen habe das Wirtschaftsministerium die Übernahme vergangenes Jahr unter Auflagen bewilligt. Erst die Finanzmarktaufsicht (FMA) und die Europäische Zentralbank zogen die Reißleine – wegen der Sorge vor Geldwäsche.

Das Investitionskontrollgesetz, das mittlerweile mehr als ein Jahr in Kraft ist, soll verhindern, dass Investorinnen und Investoren aus China oder Russland wichtige österreichische Unternehmen aufkaufen und damit die "öffentliche Ordnung" gefährden. Recht effektiv war die Regelung bisher aber nicht, wie ein Blick in den aktuellen Tätigkeitsbericht des Ministeriums zeigt. Denn die Kontrollkommission hat bis Mitte letzten Jahres zwar insgesamt 50 Transaktionen geprüft, bisher allerdings keine einzige Übernahme untersagt.

Dabei hätte es aus Sicht der Neos durchaus Anlass dazu gegeben, als vergangenes Jahr die Londoner Investmentfirma Sova Capital des russischen Oligarchen Roman Awdejew in Österreich aktiv wurde. Der Investor plante den Kauf der Posojilnica Bank, einer Kärntner Regionalbank für die slowenische Minderheit, die zum Raiffeisen-Konzern gehört.

Ministerium ja, FMA nein

Das Wirtschaftsministerium hatte dagegen offenbar nicht viel einzuwenden – zumindest wollte es dem russischen Investor keine großen Steine in den Weg legen. Die Kontrollkommission schrieb dem Unternehmer im Zuge des Prüfverfahrens zwar vor, die Standorte in Österreich zu erhalten und beim Personal eine Quote für die slowenische Minderheit einzuhalten, ließ die Transaktion selbst aber zu.

Letztlich scheiterte die Übernahme der Bank trotzdem. Denn sowohl die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) als auch die Europäische Zentralbank fürchteten Verstöße gegen Geldwäschestandards und untersagten den Kauf. Vor allem das erklärte Ziel des Investors, vermögende Kundinnen und Kunden aus Osteuropa und Russland nach Österreich zu locken, sahen die Behörden als Gefahr.

Laut Loacker, der sich in der Angelegenheit vergangene Woche nun mit einer parlamentarischen Anfrage an das Ministerium gewandt hat, sei die Faktenlage schon bei Antragstellung durch die Sova "mehr als dubios" gewesen. Erstens sollte bei einem Russland-Zusammenhang stets die Aufmerksamkeit geweckt sein, zweitens sei der Kauf einer kleinen Regionalbank mit sehr schlechten Kennzahlen schon per se erklärungsbedürftig.

Auch das Finanzministerium hätte sich einschalten und eine Stellungnahme abgeben können. "Das erschien dort aber offensichtlich nicht wichtig genug", sagt Loacker im STANDARD-Gespräch. Aus Sicht des Abgeordneten zeigt der Fall "große Schwächen" im System auf.

Verfehlter Zweck

Laut dem aktuellen Tätigkeitsbericht des Ministeriums betrifft das Kontrollgesetz hauptsächlich Investitionen aus OECD-Ländern – und erfüllt damit eigentlich nicht den ursprünglichen Zweck, fragwürdige Übernahmen zu verhindern. Im Ergebnis werden "seriöse Investitionen behindert und zeitlich verzögert, während problematische Investitionen ungehindert durch die ‚Kontrolle‘ des Ministeriums flutschen", kritisiert Loacker.

Roman Awdejew, dessen Vermögen von "Forbes" auf 1,8 Milliarden Euro geschätzt wird, hatte 2020 aufgrund des Brexits seine Banklizenz in der EU verloren. Seither hält er Ausschau nach Alternativen.

Die aktuelle Lage rund um den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine dürfte ihm die Suche nicht unbedingt einfacher machen. Seine Sova Capital ist aufgrund der Sanktionen mittlerweile insolvent. Selbst steht der Oligarch, der 19 Kinder adoptiert hat, allerdings nicht auf der Liste an betroffenen Personen. (Jakob Pflügl, 14.3.2022)