Barbara Blaha gründete 2019 Momentum, den "Thinktank der vielen."

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Wien – Wie unabhängig von politischen Playern und Unternehmen müssen Thinktanks und Forschungsinstitute agieren, und wie transparent müssen sie bei ihren Geldgebern sein? Über diese Fragen ist eine hitzige Debatte ausgebrochen, nachdem bekannt geworden war, dass das Momentum-Institut zu einem großen Teil von Spenden der Arbeiterkammer abhängt.

Momentum ist ein 2019 von Barbara Blaha gegründeter Thinktank. Blaha sprach in Werbespots gern davon, dass Momentum ein Thinktank der vielen sei, der von Konzernen und Parteien unabhängig agiere. Umso beißender war die Kritik, als sich herausstellte, dass 2019 mehr als die Hälfte des Jahresbudgets von der Arbeiterkammer gekommen ist.

Momentum versprach künftig mehr Transparenz, wollte aber Details zu seinen Geldgebern nicht nennen – bis jetzt. Dem STANDARD liegt der Jahresbericht vor, in dem die Finanzierung 2021 genau aufgeschlüsselt ist. Bei einem Budget von 1,6 Millionen Euro kamen auch im vergangenen Jahr 900.000 Euro von der Arbeiterkammer, dazu noch 400.000 vom ÖGB. Hinzu kommen 150.000 Euro über Kleinspenden, laut Momentum ein Zuwachs um 50 Prozent. Alle diese Spenden seien unter 5.000 Euro geblieben, sie werden daher nicht zwingend genannt.

Bekannte Großspenderin

Dann gibt es 150.000 Euro Einnahmen über Großspenden. Der größte Brocken mit mehr als 100.000 Euro kam von der Millionenerbin Marlene Engelhorn, die sich öffentlich für Erbschaftssteuern einsetzt und zur Engelhorn-Dynastie – Gründer des Chemiekonzerns BASF – gehört.

Die Offenlegung seiner Geldgeber nutzt Momentum zur Kritik an jenen Thinktanks, die Unternehmern nahestehen. Momentum sei nun der "einzige wirtschaftspolitische Thinktank in Österreich, der seine gesamten Einnahmen und Ausgaben von sich aus detailliert darlegt".

Mit dem Seitenhieb ist Agenda Austria gemeint, das Budget und Geldgeber nennt, ohne einzelne Summen zuzuweisen. Agenda Austria betont, dass keines der fördernden Mitglieder mehr als zehn Prozent zum Gesamtbudget beitrage. Momentum kritisiert, dass unter den Agenda-Förderern gleich vier Unternehmen aus der Raiffeisen Gruppe sind, theoretisch können also bis zu 40 Prozent der Finanzierung von dieser Seite kommen.

Wer wieviel bekommt

Seitenhiebe gibt es auch in Richtung Eco Austria. Das Institut bekommt etwa ein Drittel seines Budgets von der Industriellenvereinigung. Der Rest stammt aus Forschungsfinanzierung. Doch Momentum argumentiert, dass "fast jede zweite Studie der letzten Jahre" bei Eco vom ÖVP-dominierten Finanzministerium finanziert wurde, hier seien also eigene Abhängigkeiten gegeben. Für 2021 zeigen die vorhandenen Daten, dass Eco Austria vom Finanzministerium mehr Geld aus Studienaufträgen erhalten hat als Wifo und IHS.

Das sei falsch, sagt Eco-Chefin Monika Köppl-Turyna, wie man darauf komme, sei ihr unerklärlich. In der Bundesforschungsdatenbank sei ersichtlich, dass an Wifo und IHS mehr Geld aus dem Ministerium geflossen ist. Gut 140.000 Euro brutto habe Eco 2021 vom Finanzministerium erhalten im Gegenzug für Auftragsforschung, die in der Erstellung von langfristigen Prognosen bestanden habe – unter anderem zur Entwicklung der Pensionsschulden und des Staatshaushaltes. Das sei mit einer Finanzierung ohne jede Gegenleistung wie bei Momentum gar nicht vergleichbar. (András Szigetvari, 14.3.2022)