Hongkong erlebt aktuell eine heftige Omikron-Welle. Solche Zustände will man in Festlandchina vermeiden.

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Der Frühling beginnt in Schanghai mit einem Lockdown. Die Stadtregierung der 25-Millionen-Stadt hat die Bevölkerung dazu aufgefordert, die Stadt innerhalb der kommenden Tage nicht zu verlassen. Seit Freitag sind die Schulen geschlossen. Der Schanghaier Flughafen Pudong bleibt bis Ende März geschlossen, ebenso sind Zug- und Busverbindungen gekappt.

Zwar wurde die Strategie des Komplettlockdowns, bei der Millionenstädte wegen einiger Positivfälle für Wochen lahmgelegt wurden, durch "Dynamic Lockdowns" ersetzt, wo Ausgangssperren nur noch für einige Viertel oder Wohnblocks gelten. Nach wie vor aber sind die Maßnahmen rigoros. Für Verärgerung sorgte in Schanghai, dass Angestellte und Beamte an ihrem Arbeitsplatz festgehalten werden, bis sie ein negatives PCR-Ergebnis vorweisen. Bilder zeigen Lehrpersonal und Schüler, die bis zu 48 Stunden in einer Schule festgehalten wurden. Fast alle Fälle in Schanghai sind vollständig geimpft – und asymptomatische Infektionen, also ohne Krankheitsbild.

In Chongqing, einer Metropole in Südchina, in deren Stadtgebiet insgesamt 40 Millionen Menschen leben, wurden am Wochenende alle Bewohner zu einem PCR-Test genötigt, da drei positive Fälle gemeldet wurden. Die Industriestadt Changchun im Nordosten des Landes befindet sich seit Freitag im Lockdown. Pro Haushalt darf nur alle zwei Tage eine Person die Wohnung verlassen, um wichtige Besorgungen zu machen. Besonders hart trifft es derzeit die Stadt Hongkong. Dort befinden sich rund 300.000 Menschen in häuslicher Quarantäne. Tausende andere sind in staatlich kontrollierten Quarantänezentren.

Im Internet kursieren Videos, die ganze Containerstädte zeigen. Die kleinen Zimmer, in die die Menschen eingesperrt werden, sind nicht selten ohne Fenster. Selbst Kleinkinder, die positiv getestet wurden, sollen von ihren Eltern getrennt worden sein. Als sicher gilt, dass seit dem jüngsten Ausbruch tausende Haustiere positiv Getesteter getötet wurden.

Propaganda um Infektionen

Der Fall Hongkong ist für die KP auch ein Propagandaschlachtfeld. Die Tatsache, dass sich die Covid-19-Infektionen in Hongkong schneller ausbreiten konnten als auf dem Festland, schiebt man auf "verwestlichte Beamte".

Die kommunistische Partei Chinas hat die eigene Glaubwürdigkeit früh an eine Zero-Covid-19-Strategie gekoppelt. Die Staatspropaganda pflegt sei zwei Jahren das Narrativ, man könne das Land absolut virusfrei halten – bis ein Impfstoff gefunden sei. Eine Grundimmunisierung der Bevölkerung konnte so nicht stattfinden. Die Impfstoffe verhindern eine Infektion mit dem Virus allerdings nicht, und die leichte Omikron-Variante führt offenbar nur in seltenen Fällen zu schweren Verläufen. Die Angst der Chinesinnen und Chinesen vor einer Infektion aber ist durch die Propaganda so groß, dass die Regierung derzeit Probleme hat, von der Zero-Covid-19-Strategie ohne Gesichtsverlust abzurücken.
(Philipp Mattheis aus Schanghai, 14.3.2022)