Fesch ist er, und die Frontansicht beantwortet eine Frage, die sich auch beim Anblick anderer Elektrofahrzeuge stellt: Nein, einen Kühlergrill in dem Sinne braucht man nicht. Ein Elektromotor muss nicht in dem Sinn gekühlt werden wie ein Verbrenner. Daher gibt es keinen Grill, um die Luft hereinzulassen. Noch ahmen Elektroautos ja die Verbrenner nach, das wird sich auch noch ändern. Dann wird die Front bei Autos vielleicht ganz anders ausschauen.

Vorn geschlossen statt durchlüftet, hinten abgeflacht statt aufgestaut: Der C40 ist der flottere Bruder des ebenfalls elektrischen XC40 Recharge. Gleiche Basis wie der Polestar 2, aber eben doch deutlich Volvo.
Foto: Stockinger

Und noch ein Wort zum Aussehen, diesmal von hinten betrachtet. Wenn man rein praktisch denkt, ist das widersinnig, aber es ist der Geschmack der Zeit: Viele Menschen stehen auf Geländewagen, also zumindest die Anmutung, finden aber Coupés noch schöner. Und wenn die Menschen ein SUV mit Coupé-Dach schick finden, dann gibt ihnen eben auch Volvo eines – wie viele andere Marken. Optisch fließt der Wagen schön, der Nachteil offenbart sich im Inneren zweifach: Erstens ist da weniger Platz, als sein könnte, das betrifft sowohl die Kopffreiheit als auch das Ladevolumen, und zweitens ist der Ausblick durch den Rückspiegel nach hinten hinaus schon einigermaßen eingeschränkt. Das ist ein Sehschlitz.

Zwei andere aktuelle Phänomene lassen sich anhand des Volvos auch gut abhandeln: die Reichweite und das Prinzip des One-Pedal-Driving, also das Fahren mit einem Pedal.

Foto: Stockinger

Zur Reichweite: Mehr als 440 Kilometer sind es beim Volvo C40 bei voller Ladung – auf dem Papier. Das ist nicht realistisch, sondern ein Idealfall. Im Volvo wird auch die realistische Reichweite angezeigt, das waren bei unserem Test nie mehr als 300 Kilometer, so um die 260 bis 280 Kilometer. Die tatsächliche Reichweite hängt von mehreren Komponenten ab, vom Gebrauch der Klimaanlage, vom persönlichen Fahrstil und von der durchschnittlichen Geschwindigkeit, mit der man unterwegs ist. Diese Erkenntnisse sind nicht neu, im Volvo werden sie aber auch aufgeschlüsselt: Die Klimaanlage ist ein Kilometerfresser. Wissen wir, und dennoch haben wir es gerade im Winter auch gerne warm im Fahrzeug, wir werden die Heizung also nicht abdrehen. Der Fahrstil beeinflusst die Reichweite, auch klar. Je aggressiver, umso weniger weit. Je sanfter und vorausschauender, umso weiter. Und die Geschwindigkeit: je schneller, umso weniger weit. Und das ist am bittersten. Denn die Reichweite ist ja gerade auf der Langstrecke ein Thema – und die bewältigen wir eben nicht im Schleichgang, sondern idealerweise mit 130 km/h auf der Autobahn – und vielleicht sogar ein Haucherl schneller.

Was ideal wäre

Ideal für die Reichweite wären wahrscheinlich 70 km/h. Was sinnlos ist. So komme ich mit dem Volvo (und den meisten anderen Elektroautos) in einer Tour also nicht einmal nach Villach, geschweige denn an die Adria. Und der notwendige Ladestopp, seien wir so ehrlich, dauert jedenfalls deutlich länger als der gute Kaffee, den wir dabei trinken könnten. Für 80 Prozent an einer Schnellladestation muss man sich 40 Minuten Zeit nehmen – eh nur.

Foto: Stockinger

Das zweite Phänomen, mit dem wir uns in Elektroautos konfrontiert sehen, ist das Fahren mit einem Pedal. Das ist optional, macht aber Sinn. Bei Elektroautos fällt das Kupplungspedal ja jedenfalls weg, durch das One-Pedal-Driving wird aber auch das Bremspedal verzichtbar. Man beschleunigt und bremst nur noch mit einem sogenannten E-Pedal. Die "Motorbremse" ist also so intensiv, dass ich damit auch an die Ampel heranfahren und dort stehenbleiben kann. Das erfordert ein wenig, nein, nicht Fingerspitzengefühl, sondern Fußspitzengefühl, man kann sich aber daran gewöhnen. Bis man das gut beherrscht, ist es vor allem für die Mitfahrenden nervig bis unangenehm: Bei jedem Vom-Gaspedal-Gehen setzt ein Ruck ein, dass alle im Wagen mit dem Kopf nicken – ob sie wollen oder nicht. Den sanften Umgang mit dem Pedal kann man üben oder die One-Pedal-Funktion ausschalten und in den Gleitmodus übergehen.

Wobei Gleiten: Der Volvo hat allen Ernstes 408 PS. Das Drehmoment, das über die beiden an der Vorder- und Hinterachse verbauten Elektromotoren auf die Straße geleitet wird, beträgt enorme 660 Newtonmeter. Wer also spontan das Gaspedal tritt, erhält gleich einmal eine ziemlich Gnackwatschn, der Antritt ist enorm. Aber wir wissen eh: Achtung, Reichweite schmilzt.

Grafik: Der Standard

Der Schwede geht also wie ein Porsche, ist allerdings nicht so straff ausgelegt. Sitztechnisch geht es gemütlich zu. Wenn man einmal drinnen ist. Mein doch recht großer und vielleicht ein wenig ungelenker Vater musste sich aber am Beifahrersitz regelrecht hineinschälen. Aber gut, im Porsche hätte er einen Schuhlöffel gebraucht.

Was der Volvo noch kann und was ihn zu einem besseren Auto machen sollte: Der Innenraum ist komplett lederfrei, das gilt auch für Lenkrad, Schalthebel und Polsterung. 25 Prozent des Materials sind bereits recycelt.

Das Infotainmentsystem wurde mit Google entwickelt, basiert auf Android-Auto und schaut auch so aus. Fahrer haben Zugriff auf Apps wie Google Maps und Google Assistent, das fühlt sich im Auto ein wenig ungewohnt an, funktioniert in der Praxis aber sehr gut.

Fazit: Das ist ein wirklich spannendes Auto – mit allen Widersprüchlichkeiten. Und es hat seinen Preis: ab 56.000 Euro. (Michael Völker, 21.3.2022)