Fast hätte man sie vergessen gehabt. Dabei war die Karottenhose immer eine angenehme Zeitgenossin. Sie schnürte nicht ein, sondern ließ Raum zur Entfaltung. Im Großen und Ganzen war sie so bequem wie eine Jogginghose. Dass sie irgendwann verschwand, war Hosenschnitten geschuldet, die mit einem Schlag attraktiver erschienen.

Die Skinny zum Beispiel galt plötzlich als körperschmeichelnde Alternative. Ihre schmale Silhouette entsprach dem Zeitgeist. Die taillenhoch geschnittene, um die Hüfte herum aufgeplusterte Vorgängerin ließ sie wie eine schräge Erinnerung aus einer vergangenen Ära, wie ein behäbiges Relikt aus den 1980er-Jahren aussehen. Karotte, allein die Bezeichnung ließ sich in Magazinen wie "Instyle" oder "Vogue" nicht mehr verkaufen.

"Barrel"-Jeans von Arket.
Foto: Arket

Deshalb gab es Versuche, die Hose gewordene Bequemlichkeit unter anderen Namen zu rehabilitieren. Vor einigen Jahren tauchte die karottig geschnittene "Mom-Jeans" auf. Unter neuem Etikett entwickelte auch sie sich zur Erfolgsgeschichte. Sie wurde zu einem der beliebtesten Hosenmodelle, das bewiesen Untersuchungen wie die eines britischen Onlineshops: Eine Million Mal wurde da 2020 und 2021 in Deutschland nach der "Mama-Jeans" gesucht.

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Irina Shayk in der aktuellen Frühjahrskollektion von Isabel Marant.
Foto: Vianney Le Caer/Invision/AP

Nun wird mit der "Barrel-Jeans" ein neuer Versuch gestartet. Die Strategie scheint aufzugehen, die Magazine sind längst auf das "fassförmige" Hosenmodell aufgesprungen: "Barrel-Jeans: Dieser lässige Denim-Trend (...) ersetzt jetzt deine Mom-Jeans", hieß es im Magazin "Glamour". "Um Barrel-Jeans kommt man 2022 nicht herum!", wird bei "Elle" gemutmaßt. Und: "Überraschter Blicke kann man sich bei diesem Look sicher sein!"

Viele Unternehmen haben das Hosenmodell, dessen Schnitt sich zwischen Karotte und Ballon bewegt, eilfertig ins Programm aufgenommen, von Modelabels wie Totême oder Tibi bis zu H&M-Ablegern wie Arket. Beim Onlineshop Net-à-porter ist die Nachfrage nach ihm bereits im vergangenen Jahr gestiegen.

Ob es sich auf der Straße durchsetzen wird, steht noch in den Sternen. Sicher ist nur, dass die Baggy Jeans unter den Jungen die Skinny abgelöst haben soll, die Röhre aus dem Alltag der meisten aber nicht wegzudenken ist. Ob da noch Platz für ballonförmige Hosenexperimente bleibt? (Anne Feldkamp, 17.3.2022)