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Wladimir Putin gehörte bei den Olympischen Spielen zu Xi Jinpins wenigen Staatsgästen.

Foto: Reuters/Sputnik

Die Gerüchte um eine Verwicklung Pekings in die russische Invasion in die Ukraine reißen nicht ab: Am Wochenende berichtete die britische Zeitung Financial Times unter Berufung auf Aussagen amerikanischer Geheimdienstler, dass Russland bei Staats- und Parteichef Xi Jinping um Waffenhilfe gebeten habe. Es sei um die Lieferung militärischen Materials gegangen. Konkrete Details nannten die Informanten nicht. Laut dem Londoner Blatt soll sich Moskau unter anderem nach Boden-Luft-Raketen, Drohnen, Panzerwagen, aber auch Essensrationen umgehört haben. Moskau dementierte.

Anderen, ebenfalls anonymen Quellen zufolge soll Washington seine Verbündeten warnen, dass die Regierung in Peking plane, Wladimir Putin zu unterstützen – ob es dabei nur um allgemeine künftige Unterstützung oder konkrete Militärhilfe ging, blieb allerdings offen. Das Weiße Haus in Washington äußerte sich dazu nicht. In China hingegen dementierte das Außenministerium die Berichte vehement: Sprecher Zhao Lijian sprach von "Missinformation".

Seit Wochen auf Schlingerkurs

Als am Montag US-Sicherheitsberater Jake Sullivan mit dem chinesischen Vize-Außenminister Yang Yiechi in Rom zusammentraf, um eine "substantielle Diskussion über den russischen Krieg gegen die Ukraine" zu führen, wie es danach hieß, bestätigte sich der Eindruck: Peking fährt seit Wochen einen Schlingerkurs. Gegenüber der Weltgemeinschaft präsentiert sich China als neutraler Vermittler, der auf eine diplomatische Lösung pocht und Gewalt ablehnt.

Andererseits ist es keine zwei Monate her, da beschworen die Präsidenten Xi Jinping und Wladimir Putin noch ihre Freundschaft und kritisierten jede Form von "Nato-Aggression". "Die Freundschaft zwischen beiden Ländern kennt keine Grenze", hieß es in einer gemeinsam verabschiedeten Erklärung.

Während zahlreiche westliche Staatschefs wegen massiver Menschenrechtsverletzungen, die das Regime an der Volksgruppe der Uiguren in Xinjiang verübt, einen diplomatischen Boykott während der Olympischen Winterspiele verhängt hatten, war Putin persönlich angereist.

Keine Beteiligung an Sanktionen

Bereits vor zehn Tagen waren Geheimdienstberichte aufgetaucht, die nahelegten, dass die KP in Peking über die Invasion Putins vorab Kenntnis gehabt hatte. Hochrangige chinesische Beamte sollen Putin darum gebeten haben, mit der Invasion noch bis zum Ende der Olympischen Winterspiele zu warten. Peking allerdings dementierte dies.

Bisher hat sich Peking auch nicht an den internationalen Sanktionen gegen Russland beteiligt – im Gegenteil: Mehrere Hundert russische Unternehmen sollen in den vergangenen Tagen Konten bei chinesischen Banken eröffnet haben. Die Volksrepublik könnte so zum Schlupfloch für russische Rohstoffe werden. Ein ziemlich großes allerdings: China ist für Russland einer der größten Exportmärkte seiner Rohstoffe.

Sanktionen gegen Russland kommen für China aber auch denkbar ungünstig. Basierend auf der strikten Zero-Covid-Politik wurden gerade erst Teil-Lockdowns über mehrere Metropolen verhängt, darunter Schanghai, was sich negativ auf Konsum und Lieferketten auswirkt. Der chinesische Aktienmarkt befindet sich seit Wochen im Sinkflug. Weitere wirtschaftliche Turbulenzen stellen die Regierung vor große Schwierigkeiten. Teure Öl-, Gas- und Kohlepreise wären Gift auch für die chinesische Wirtschaft.

Prinzipiell schwört die chinesische Führung die eigene Bevölkerung schon lange auf einen Konflikt mit den USA ein. Online-Posts, die die Invasion kritisieren, werden zensiert. Das KP-Sprachrohr Global Times warnt stetig vor einem amerikanischen Imperialismus. Auch Berichte über angebliche US-Biowaffen-Labore in der Ukraine werden verbreitet, während eine Aufarbeitung der Geschehnisse im Sicherheitslabor von Wuhan rund um den Corona-Ausbruch verhindert wird.

Brisantes Politikum Taiwan

Ein "Zwei-Fronten-Krieg" wäre für die USA und ihre Verbündeten wohl derzeit ein Albtraum. Immer wieder warnten in den vergangenen Jahren Analysten vor einer militärischen Invasion Taiwans durch Peking. Auf die Insel waren 1949 republikanische Truppen und Beamte geflohen und hatten sich unter Schutz der USA gestellt. Seitdem beansprucht Peking Taiwan als Teil des eigenen Staatsgebiets, ignoriert dabei allerdings die Tatsache, dass dort in den vergangenen 20 Jahren eine lebendige Demokratie entstanden ist, deren Mehrheit eine Vereinigung mit dem Festland ablehnt. (Philipp Mattheis aus Schanghai, 14.3.2022)