Foto: Staatsoper/M. Pöhn

1998 inszeniert und 2020 für die Staatsoper neu erarbeitet, hat der vor einigen Wochen verstorbene Hans Neuenfels mit seiner Inszenierung von Mozarts Entführung aus dem Serail einen wahren Geniestreich hinterlassen. Im Wesentlichen steht auf der Bühne die gleiche Besetzung wie vor zwei Jahren, die sich, perfekt aufeinander eingestimmt, durch Mozarts Achterbahn der Töne und Gefühle singt. An Neuenfels’ Idee, die Gesangspartien zu verdoppeln, kann man sich ohnehin nicht sattsehen, die wahre Kraft dieser Inszenierung liegt jedoch in ihrer Musikalität: Als hätten Mozart und Neuenfels sie gemeinsam ausgeheckt, um der Partitur ein neues Level an Raffinesse zu verleihen.

Belebender Charme

Etwa mit dem urkomischen, pantomimischen Pedrillo-Duo oder dem tollpatschigen Osmin-Doppel; herrlich auch, wie Blonde I und Blonde I mit Charme das (Sing)Spiel beleben. Virtuos, wie Lisette Oropesa in der Bravourarie Martern aller Arten mit den Stimmen des Orchesters um die Wette singt; berückend das Duett mit Belmonte (Daniel Behle) Meinetwegen sollst du sterben.

Regula Mühlemanns Sopran sprudelt dahin wie ein klares Bächlein, nur dem Osmin von Tobias Kehrer fehlt es an Fülle und Leichtigkeit in den tiefen Tönen. Am Pult des Staatsopernorchesters setzt Serail-Spezialist Antonello Manacorda dieses Mal auf Entschleunigung und gestaltet einen makellosen Mozart-Klang. Das letzte Wort hat Bassa Selim, der mit Christian Nickel auch ohne Töne tief berührt. Es gibt begeisterten Applaus für Ensemble, Orchester und Dirigent. (mda, 15.3.2022)