Mit jedem weiteren Tag, an dem Wladimir Putin die Ukraine mit Truppen und Raketen in Schutt und Asche legt, wendet sich der Westen völlig zu Recht immer stärker von Russland ab. Internationale Unternehmen strömen aus dem Land, mit Sanktionen versucht man, Putins Kriegsdiktatur wirtschaftlich zu isolieren – allerdings bisher noch ohne auf die verwundbarste Stelle zu zielen.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP).
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Viele Länder Europas, darunter Österreich, haben sich in den vergangenen Jahren von russischem Gas und Öl zu abhängig gemacht, um nun allzu leicht mittels Boykott darauf verzichten zu können. Tut man das nicht bald, finanziert Europa allerdings Putins Krieg weiter mit, den es eigentlich beenden möchte. Es braucht also rasch Alternativen.

Österreich schmiegt sich dafür aber ausgerechnet an den Nahen Osten heran. Eine Delegation um Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) wurde unlängst beim Kronprinzen der Vereinigten Arabischen Emirate und dem Emir Katars vorstellig, die wahrlich nicht dafür bekannt sind, Demokratie und Menschenrechte hochzuhalten. "Es ist grauslich, aber wer weiß eine andere Lösung?", twitterte eine Kabinettsmitarbeiterin der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler. Diese "Krot" müsse man in der Hektik mangels Alternativen eben schlucken.

Schlimm genug. Was aber nicht mehr geht, ist die mehrtägige Reise der türkisen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck nach Saudi-Arabien. Diese mag zwar schon länger geplant gewesen sein. Aber wenn dort am Vortag 81 Menschen hingerichtet wurden, steigt man nicht mit Unternehmern in einen Flieger, um Kontakte zu knüpfen oder über entdeckte Gasfelder zu sprechen. In Zeiten, in denen Österreichs Politiker reihum einräumen müssen, dass man Putin viel zu naiv betrachtet hat, sollte man für den eigenen Vorteil nicht schon wieder über die nächsten Grauslichkeiten hinwegsehen. (Jan Michael Marchart, 14.3.2022)