Marina Owsjannikowa: "Sie können uns nicht alle einsperren."

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Während einer Nachrichtensendung im russischen TV-Sender Kanal 1 ist am Montag die Redakteurin Marina Owsjannikowa mit einem Antikriegsplakat in das Aufnahmestudio gelaufen (DER STANDARD berichtete). Auf dem Plakat stand "Gegen den Krieg. Stoppt den Krieg! Glaubt der Propaganda nicht! Sie lügen euch an! Russen gegen den Krieg". Owsjannikowa wurde unmittelbar nach der Aktion festgenommen. Laut Behörden hat sie gegen die neue Richtlinie gegen "Desinformation" zur Invasion in der Ukraine verstoßen, ihr droht eine Anklage.

In einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft, die nach der TV-Aktion über Social Media veröffentlicht wurde, hielt Owsjannikowa fest:

"Das, was jetzt in der Ukraine geschieht, ist ein Verbrechen. Und Russland ist der Aggressor. Und die Verantwortung für diese Aggression liegt nur auf dem Gewissen eines Menschen – und dieser Mensch ist Wladimir Putin.

Mein Vater ist Ukrainer, meine Mutter ist Russin – und sie waren nie Feinde. Diese Kette an meinem Hals ist wie ein Symbol dafür, dass Russland den Bruderkrieg sofort stoppen muss und unsere Brudervölker sich noch versöhnen können.

In den vergangenen Jahren habe ich leider beim Ersten Kanal gearbeitet und mich mit Kreml-Propaganda beschäftigt. Ich schäme mich jetzt sehr dafür. Ich schäme mich dafür, dass ich zuließ, dass vom TV-Bildschirm gelogen wurde. Ich schäme mich dafür, dass ich zuließ, dass Russen in Zombies verwandelt wurden.

Wir haben 2014 geschwiegen, als das alles anfing. Wir sind nicht für Demonstrationen rausgekommen, als der Kreml Nawalny vergiftet hat. Wir haben dieses menschenfeindliche Regime einfach nur stillschweigend beobachtet. Jetzt hat sich die ganze Welt von uns abgewandt. Und noch zehn Generationen unserer Nachfahren werden sich von der Schande dieses Brudermordkrieges nicht reinwaschen können.

Wir, die russischen Menschen, können denken und sind klug. Es liegt nur an uns, diesen ganzen Wahnsinn zu beenden. Geht demonstrieren. Fürchtet nichts. Sie können uns nicht alle einsperren." (red, 15.3.2022)