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Universelle Impfstoffe gegen verschiedene Corona-Varianten stecken derzeit noch in den Kinderschuhen.

Foto: Getty Images/Science Photo Libra. KATERYNA KON/SCIENCE PHOTO LIBRA

Am 27. Dezember 2020 wurden in Wien die ersten Corona-Impfungen verabreicht, seitdem haben 76,2 Prozent aller Menschen in Österreich mindestens eine Impfdosis bekommen – ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Pandemie. Denn: Eine vollständige Immunisierung, also zwei Impfungen plus Booster, schützt vor schweren Krankheitsverläufen.

Mittlerweile ist aber auch bekannt, dass der Schutz nicht dauerhaft anhält – der Antikörperspiegel im Blut von Geimpften nimmt mit der Zeit wieder ab. Das erklärt, warum sich auch vollständig Immunisierte mit Corona anstecken. Eine Lösung könnte der an Omikron angepasste Impfstoff sein, der bereits Anfang Mai zumindest für vulnerable Personengruppen zur Verfügung stehen könnte. Wenn da nicht die Mutationen wären – die WHO hat bereits eine neue Corona-Variante bestätigt: eine Mischung aus Delta und Omikron, die sogenannte Deltakron-Variante.

Impfstoffe der zweiten Generation

Eine dauerhafte Lösung könnten universelle Impfstoffe gegen Coronaviren bieten, an denen bereits seit einiger Zeit geforscht wird. Im besten Fall sollten sie diverse Sars-CoV-2-Varianten und sogar künftige Coronaviren abwehren. Das Ziel sei neben dem Absichern vor schweren Verläufen natürlich auch der Schutz vor einer Ansteckung, erklärt Peter Kremser, Direktor des Instituts für Tropenmedizin in Tübingen: "Grundsätzlich geht mit einem Impfstoff beides. Der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen sollte zunächst im Vordergrund stehen. Aber global betrachtet wäre ein Schutz auch vor Infektion natürlich ideal, weil man damit die schweren Erkrankungen verhindert und gleichzeitig die Virusverbreitung stark eindämmt."

In den USA entwickelt derzeit das Walter Reed Army Institute einen Proteinimpfstoff, der theoretisch Schutz vor mehreren Coronavirus-Varianten bieten soll. Bei diesem Vakzin formt sich das Eiweißmolekül Ferritin zu einem kugelartigen Gebilde mit 24 Seiten, an jede kann ein Spike-Protein einer Virusvariante chemisch angeheftet werden. In ersten Tierversuchen konnte eine breite Antikörperabwehr gegen mehrere Sars-CoV-2-Varianten sowie Sars-CoV-1 gezeigt werden.

Carlos A. Guzmán, Vakzinologe und Mikrobiologe am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, zeigt sich aber skeptisch: "Bei Impfstoffen, die auf verschiedenen Antigenen basieren, ist es von entscheidender Bedeutung, eine optimale Immunantwort gegen alle verschiedenen Antigene zu gewährleisten, was in Anbetracht von Problemen wie Immundominanz nicht immer gegeben ist. Bei der Verwendung synthetischer Antigene stellt sich vor allem die Frage, ob die Vorhersagen über die Wirksamkeit gegen potenzielle neu auftretende Varianten korrekt sind, wenn sich das Virus auf natürliche Weise weiterentwickelt."

Hinweise aus Influenza-Forschung

Generell ist bei Atemwegserkrankungen eine dauerhafte Immunisierung sehr schwierig. Auch in der Influenza-Forschung ist es bisher nicht gelungen, einen Universalimpfstoff zu entwickeln. Gelänge das, könnte man die Erkenntnisse wohl auch auf Coronaviren anwenden. Das Problem: Bei Atemwegsviren wie Sars-CoV-2 oder auch Influenza-Viren werden nur die Epithelzellen auf den Schleimhautoberflächen infiziert. Ein Kontakt mit der systemischen Immunabwehr kommt dabei nur begrenzt vor und ruft bei milden Verläufen lediglich eine vorübergehend schützende Immunität hervor.

Tropenmediziner Kremser kennt die Schwierigkeiten: "Man muss vorher wissen, welche Variante wohl demnächst endemisch wird. Das kann man aber nur vermuten, so wie es für die Entwicklung von Influenza-Impfstoffen der Fall ist, aber mit Gewissheit kann man es nicht sagen. In mehreren Jahrzehnten Influenza-Forschung ist es bisher nicht gelungen, einen universellen Impfstoff herzustellen, der alle neuen Varianten erfasst – und auch wirken würde."

einen Ansatz aus der Influenza-Forschung nutzt man aber für Corona-Impfstoffe: Man will eine Impfung zum Sprühen entwickeln, die über die Nase verabreicht werden soll. Der Vorteil so einer Impfstoffgabe wäre, dass das die Immunität direkt in den Schleimhäuten stärken könnte. Bei der Grippeimpfung wird ein solcher Impfstoff bei Kindern bereits erfolgreich eingesetzt.

Mikrobiologe Guzmán betont: "Die Entwicklung eines Schleimhautimpfstoffs würde nicht nur den Schutz vor symptomatischer Erkrankung, sondern auch vor Infektionen ermöglichen. Schleimhautimpfstoffe können eine starke lokale Gedächtnisimmunreaktion auslösen, die das Virus bei Kontakt mit einem empfänglichen Wirt rasch inaktivieren kann. Das blockiert die Infektion und wirkt sich massiv auf die Virusübertragung auf gesunde Kontaktpersonen aus." Derzeit wird an solchen Schleimhautimpfstoffen geforscht. Wann es ein brauchbares Ergebnis geben wird, ist aber noch gar nicht klar.

Vorsichtig optimistisch

Die Entwicklung universeller Impfstoffe gegen Coronaviren steht also noch ziemlich am Anfang. Kremser zeigt sich jedoch vorsichtig optimistisch: "Bisher hat zwar kein Ansatz den entscheidenden Erfolg gebracht. Aber der Versuch des Walter Reed Army Institute ist interessant. Dort wird versucht, mithilfe von Trägerproteinen möglichst viele Antigensequenzen des Coronavirus abzudecken." Bleibt also abzuwarten, welche Impfstoffkandidaten letztlich beim Menschen eine Immunität gegen mehrere Virusvarianten hervorrufen und zusätzlich ein langfristiges Immungedächtnis erzeugen können. (Jasmin Altrock, 16.3.2022)