Wie groß ist die Transparenz in Niederösterreich? Eine aktuelle Anfragebeantwortung lässt Schlüsse darüber zu.

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Wien / St. Pölten – Die Regierung hat ihr Ziel klar erklärt: mehr Transparenz. Das Amtsgeheimnis soll abgeschafft, ein Grundrecht auf Information eingeführt werden. Dass das geplante Gesetz nun aber sehr lange auf sich warten lässt, ist hinlänglich bekannt. Die Chancen auf Umsetzung stehen sehr schlecht. Doch dadurch wird nicht nur der Status quo verlängert – der verschleppte Gesetzesentwurf verhindert in der Praxis sogar Transparenz.

Und zwar so: Das türkis-grüne Informationsfreiheitsgesetz sieht vor, dass Behörden bestimmte Dokumente automatisch veröffentlichen müssen. Dabei geht es insbesondere um Studien, die die öffentliche Hand finanziert hat – weil es ja nur in Ausnahmefällen einzusehen wäre, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für etwas bezahlen, was dann geheim bleibt. Derzeit müssen solche Studien etwa von interessierten Journalistinnen angefragt werden, manches wird herausgegeben, manches nicht.

Studientitel bleiben unter Verschluss

DER STANDARD wollte nun im Rahmen einer Recherche vom Land Niederösterreich wissen, welche Studien Mitglieder der Landesregierung von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bei Sophie Karmasin in Auftrag gegeben haben. Die Ex-Familienministerin steht ja im Verdacht, die Urheberin jener Konstruktion zu sein, mit der mutmaßlich Umfragen für Sebastian Kurz vom Finanzministerium bezahlt wurden. Karmasin sitzt derzeit in Untersuchungshaft, es gilt die Unschuldsvermutung.

Ein Mitarbeiter des Amts der Landesregierung verweigert nun die Auskunft über diese Studie – mit einer bemerkenswerten Begründung: Eine Rechtsgrundlage für die allgemeine Veröffentlichung von Studien sei "nicht ersichtlich".

Verteidigung des Amtsgeheimnisses

Davon gehe "offenbar auch der Bundesgesetzgeber aus, da im Entwurf eines Informationsregistergesetzes die Veröffentlichung bestimmter Studien erst ermöglicht werden soll – dies sogar durch eine Verfassungsbestimmung, wodurch der Bundesgesetzgeber klar zum Ausdruck bringt, dass die datenschutzrechtliche Problematik erkannt und eben nur durch bundesverfassungsgesetzliche Regelung lösbar scheint". Niederösterreich argumentiert seine Geheimhaltung also mit dem unbeschlossenen Gesetz für Informationsfreiheit.

Das könnte die einzige reale Wirkung der türkis-grünen Transparenzpläne bleiben. Denn wie Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) mehrfach betont hat, hat die Abschaffung des Amtsgeheimnisses etliche Gegnerinnen und Gegner. Die mächtigsten unter ihnen sitzen übrigens in den Landeshauptstädten. (Sebastian Fellner, 16.3.2022)