Entrümpeln sollte man nicht nur die Wohnung regelmäßig, sondern auch den eigenen Geist. Das hilft, wieder einen klareren Blick zu bekommen.

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Die Lage ist nicht gerade rosig. Die Pandemie beschert uns täglich neue Infektionsrekorde, in der Ukraine herrscht Krieg, und ganz nebenbei gibt es auch noch eine Klimakrise. Das kann einen ziemlich mutlos machen. Wegschieben lässt sich das alles nicht – und das soll man auch gar nicht. All diese Krisen sind Teil unserer Lebensrealität, und man muss damit umgehen. Doch man kann steuern, wie sehr sie das eigene Leben bestimmen sollen und dürfen.

Der Frühling könnte ein perfekter Zeitpunkt dafür sein, nicht nur die Wohnung einer Säuberung zu unterziehen, sondern auch die eigenen Gedanken. Dabei hilft, eine geistige Bestandsaufnahme zu machen, wo man derzeit steht, und sich wieder mehr jenen Dingen zuzuwenden, die einem Freude bringen. Das gönnt dem Gehirn eine Pause, man bekommt wieder einen klaren, konzentrierten Geist. Diese fünf Methoden helfen dabei.

Achtsamkeit üben

Achtsamkeit bezeichnet einen Geisteszustand, in dem man seine direkte Umwelt, den eigenen Körper und den Gemütszustand wahrnimmt, ohne dabei von Gedanken, Erinnerungen, Fantasien oder Emotionen abgelenkt zu sein. Man denkt nicht darüber nach und bewertet weder Zustand noch Empfindungen. Das funktioniert natürlich nicht von selbst, schließlich hat jeder Mensch unweigerlich seine ureigensten Assoziationen zu den Dingen, die auf einen einströmen. Regelmäßige Achtsamkeitsmeditation kann das bessern.

Setzen Sie sich aufrecht, aber bequem hin, auf einen Sessel oder im Schneidersitz, die Hände im Schoß falten, den Blick senken. Nehmen Sie nun ganz bewusst wahr, was um sie herum geschieht und wie Sie sich fühlen. Welche Temperatur hat es in dem Raum? Gibt es Geräusche? Wonach riecht es? Ist Ihnen warm oder kalt? Sind Sie entspannt? Oder vielleicht ängstlich? Lassen Sie die Gedanken und Emotionen aufkommen, aber halten Sie nicht daran fest. Man kann sich vorstellen, jede einzelne Empfindung auf eine Wolke zu setzen und weiterziehen zu lassen. Starten Sie mit fünf Minuten und üben Sie jeden Tag etwas länger.

Man kann das übrigens auch morgens im Bett vor dem Aufstehen machen, oder abends vor dem Einschlafen. Checken Sie sich selbst durch, wie Sie sich fühlen. Auch vor dem Essen ist eine gute Gelegenheit für einen kurzen Check. So entwickeln Sie eine Routine.

Die Bullet-Journal-Methode

Wenn man seine Gedanken und Gefühle verschriftlicht, kann das helfen, diese zu ordnen und mehr Klarheit zu bekommen. Das macht sich die Bullet-Journal-Methode zunutze, die der Digitaldesigner Ryder Carroll entwickelt hat. Es handelt sich dabei um ein Organisationssystem und um eine Achtsamkeitsübung, bei der man niederschreibt, wie man seine Zeit und Energie investiert, und beurteilt, ob sich dieser Einsatz auch wirklich lohnt.

Eine Schlüsselfrage zur Bewertung ist: "Hat mir die Tätigkeit eher Energie gegeben oder genommen?" Weitere Hinweise sind, dass man nach einer Tätigkeit ein Gefühl der Zielstrebigkeit, der Erfüllung oder auch der Sinnhaftigkeit verspürt. Das hilft auch dabei herauszufinden, was man wirklich will im Leben. Denn, meint Carroll, der selbst an einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom leidet, wenn man nicht weiß, was man will, wird man auch nie mit dem zufrieden sein, was man hat.

Die Informationsflut reduzieren

Eilmeldungen, Social-Media-Updates, E-Mail-Newsletter – man wird mit Informationen regelrecht überhäuft. Das ist nicht nur viel sinnlose Information, es stresst auch und fördert das Gefühl, nicht ausreichend informiert zu sein. Dabei ist auch in diesem Fall weniger mehr. Cal Newport, Informatikprofessor an der US-Universität Georgetown und Autor des Buchs "Digital Minimalism: Choosing a Focused Life in a Noisy World", betont, es sei an der Zeit, den eigenen Nachrichtenkonsum komplett zu überdenken.

Suchen Sie sich zwei oder drei zuverlässige Informationsquellen, denen Sie vertrauen. Wählen Sie klare Zeiten, in denen Sie Information konsumieren, etwa auf dem Weg zur Arbeit oder nach dem Mittagessen. Und konzentrieren Sie sich dann genau darauf, egal ob Sie Zeitung lesen, sich online informieren oder einen Podcast hören. Auch die Zeiten für Social Media sollten begrenzt sein – denn auf Instagram oder Tiktok kann man sich regelrecht verlieren. Im Grunde gelten für die Erwachsenen die gleichen Regeln, die viele Eltern auch ihren Kindern beim Medienkonsum auferlegen, wenn sie deren Zugang zeitlich begrenzen.

Die Wohnung aufräumen

Marie Kondo hat es schon vor der Pandemie zum Trend gemacht, die damals gesäten Samen sind während der Lockdowns bei vielen aufgegangen: das Entrümpeln der eigenen vier Wände. Tatsächlich zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass unordentliche Räume kognitives Denken erschweren. Chaos in der Wohnung oder auch auf dem Schreibtisch hat demnach einen verzerrenden Effekt, der sich auch auf andere Aspekte des Lebens einer Person auswirken kann – und zwar nicht nur auf die Emotionen, sondern auch auf die Produktivität.

Fällt einem das Aufräumen selbst schwer – etwa weil man sich schwer trennen kann von Dingen –, kann man sich dabei Unterstützung von Freunden holen. Denn der Blick von außen setzt die Bedeutung, die man einzelnen Dingen beimisst, oft in ein realistischeres Licht. Gemeinsam kann man dann besser entscheiden, was man nicht mehr braucht und was doch noch bleiben darf.

Freunde und Familie treffen

Es ist ziemlich banal, aber extrem effektiv: Zeit verbringen mit Menschen, die man mag und die einem guttun. Unter Stress, Zeitdruck und Arbeitsflut neigt man dazu, solche Treffen immer wieder aufzuschieben. Die so vermeintlich gewonnene Zeit schlägt man dann oft mit Social Media oder sinnlosem Zappen vor dem Fernseher tot. Zurück bleibt ein frustrierendes Gefühl, dass man nichts Sinnvolles mit seiner Zeit gemacht hat.

Tatsächlich ist es so, dass durch die Pandemie viele soziale Kontakte eingeschlafen sind – und es kann sich durchaus seltsam anfühlen, wenn man sich nach langer Zeit wieder bei jemandem meldet, der oder die einem wichtig ist. Dann kann es helfen, das im Gespräch auch anzusprechen oder auszudrücken, dass man die Person vermisst. Und um die eigene Scheu zu überwinden, muss sich nur vorstellen, wie man sich selbst über so einen Anruf freuen würde. (Pia Kruckenhauser, 16.3.2022)