Nach dem Angriff auf den inhaftierten Separatisten Yvan Colonna kommt es auf Korsika immer wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen.

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Ajaccio – Der französische Innenminister Gérald Darmanin hat sich vor seinem Besuch der von gewaltsamen Protesten erschütterten Mittelmeerinsel Korsika zu Zugeständnissen bereiterklärt. "Wir sind bereit, bis zur Autonomie zu gehen", sagte Darmanin der Lokalzeitung "Corse-Martin". Voraussetzung für Verhandlungen sei jedoch, dass auf der Insel wieder Ruhe einkehre. Es könne unter dem Druck von Sprengkörpern und "Allgegenwart der Ordnungskräfte" keinen "aufrichtigen Dialog" geben.

Darmanin will am Mittwoch und Donnerstag nach den seit zwei Wochen andauernden Protesten ein Bild der Lage auf der Insel machen. Entscheidend sei die Frage, was eine Autonomie der Insel beinhalten würde, sagte er der Zeitung. "Darüber müssen wir diskutieren." Diese Frage werde "logischerweise während der zweiten Amtszeit" von Präsident Emmanuel Macron in Angriff genommen – falls dieser bei der Wahl im April wiedergewählt werden sollte.

Angriff auf inhaftierten Colonna

Auslöser der Unruhen war ein Angriff eines Mithäftlings auf den bekannten korsischen Separatisten Yvan Colonna am 2. März im Gefängnis von Arles. Colonna saß dort wegen Mordes an dem Präfekten Claude Erignac 1998 eine lebenslange Haftstrafe ab.

In dem Interview räumte Darmanin eine gewisse Verantwortung des Staates für den Angriff ein. Der Staat müsse "Beschützer der Personen sein, die unter seiner Verantwortung stehen". Die Regierung sei verpflichtet, "die Wahrheit über das, was passiert ist", herauszufinden.

Verehrter Separatist

Nach dem Angriff war es auf Korsika wiederholt zu schweren Ausschreitungen gekommen. Am Sonntag war eine zunächst friedliche Demonstration von mehreren Tausend Menschen in Bastia außer Kontrolle geraten. Dabei wurden 67 Menschen verletzt, darunter 44 Sicherheitskräfte. Bei den Ausschreitungen setzten einige maskierte Demonstranten Molotowcocktails und selbstgebaute Sprengkörper ein. Die Polizei ging mit Tränengas und Wasserwerfern vor.

Colonna wird auf Korsika von vielen als Held des Kampfes für die Unabhängigkeit von Frankreich verehrt. Korsika war jahrzehntelang von Attentaten erschüttert worden. In den vergangenen Jahren hat sich die Lage beruhigt, aber viele Korsen fordern die Freilassung oder zumindest die Verlegung der inhaftierten Separatisten auf die Insel. Außerdem verlangen sie eine größere Autonomie. (APA, 16.3.2022)