Zur Frage, wem unser Land die nun allerorts als fatal erkannte Abhängigkeit von russischem Gas verdankt, hat der ehemalige OMV-Direktor Gerhard Roiss in einem Profil-Interview klargestellt:

Wir haben nun nicht mehr nur Oligarchen aus dem Osten, wir haben längst auch kleine Austro-Oligarchen." "Das ‚klein‘ wird Siegfried Wolf nicht gerne hören", merkte daraufhin der Interviewer an und wies damit auf ein generelles Versäumnis hin: Es gilt endlich die wahre Größe des steirischen Multimillionärs zu würdigen.

"Er wäre ein sehr guter Bundeskanzler", hatte schon vor Jahren der Doyen des heimischen Verquer-Denkertums Frank Stronach befunden. Und tatsächlich schien Wolf damals einer Karriere in der Politik nicht abgeneigt zu sein.

Investor Siegfried Wolf.
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Bei einer Podiumsdiskussion in Graz offenbarte er zunächst seine eigene Motivationslage, indem er forderte, dass Politik-Jobs mit höheren Gehältern attraktiver gemacht werden müssen. Dann erklärte er, was unser Land am nötigsten hätte: "Neue Verantwortungsträger, die nach den Prinzipien ‚Wahrheit – Transparenz – Fairness‘ handeln."

Faktencheck

Wenngleich es nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist, dürfte er diesen drei Prinzipien auch treu geblieben sein. Dazu ein kurzer Faktencheck:

Wahrheit: Mit seiner unverstellten Ablehnung von steuerlichen Straf- und Nachzahlungen und den damit verbundenen offenherzigen Interventionen im zuständigen Ministerium hat Wolf auch eine kleine Welle der Wahrheitsbereitschaft in der Politik ausgelöst, die in Thomas Schmids grundehrlichem Offenbarungseid "Hure für die Reichen!" gipfelte.

Transparenz: Während andere beim Thema Putin verlegen oder wortkarg werden, hat Wolf aus seinen großen Gefühlen nie ein Geheimnis gemacht. Mit der Feststellung, dass Putin "positiv und cool auf Kritik reagiert" und "ein sehr, sehr, sehr korrekter Mann ist", beschämte er alle Kleingläubigen, die den positiv-coolen Kritik-Wegstecker bloß für sehr korrekt hielten.

Im Weiteren bewies Wolf Transparenz nicht nur bei seiner Bewunderung von Wladimir Putins "Leadership", von der Europa lernen könnte ("Da würde ich mir ein bissl mehr russische Demokratur wünschen"), sondern auch beim Ausplaudern intimer Gesprächsthemen, die er mit dem russischen Demokrator erörtert hätte. So erfuhr die Welt, dass die beiden Prachtmänner sich über das Problem "Wenn man net schwul ist, ist man net in" gemeinsam Sorgen gemacht haben. Eine Enthüllung, die Putins laszive Oben-ohne-Fotos in völlig neuem Licht erscheinen lässt.

Fairness: Nachdem Wolfs Antrag auf Steuernachsicht von Erfolg gekrönt war, vergaß er nicht auf jene, die ihm beim Sparen geholfen hatten. Der damaligen Leiterin des für ihn zuständigen Finanzamtes soll er einen von ihr schon lange ersehnten neuen Chefposten per Intervention im Finanzministerium ermöglicht haben. Und auch ihrem Chef gegenüber zeigte er Fairness.

Ein heimischer Gastronom soll von Wolf das Angebot bekommen haben, von ihm mehrere Tausend Flaschen Wein des Stiftsweinguts Herzogenburg zu erwerben. Dessen Pächter Hans Jörg Schelling kann sicher bestätigen, dass im Wein manchmal nicht nur die Wahrheit, sondern auch Transparenz und Fairness liegen. (Florian Scheuba, 17.3.2022)