Spastische Zerebralparese und Muttersein? Bedenken verfliegen schnell.

Stadtkino Filmverleih

Eva-Maria mag: freche Frisuren, schwimmen, den Ausblick von der Nordkette, Physiotherapie, ihr selbstbestimmtes Leben in Innsbruck, ihre Freunde. Eva-Maria hat: Witz und Geist, einen elektrischen Rollstuhl, einen netten Assistenten, eine körperliche Behinderung, keinen Partner. Eine Beziehung möchte sie auch nicht, aber trotzdem wünscht sie sich ein Kind. Deshalb macht sie das, was alleinstehenden Frauen über 30 möglich ist – sie sucht sich einen Samenspender und fährt ins Kinderwunschzentrum. Die Bedenken ihres Umfelds, ob sie aufgrund ihrer spastischen Zerebralparese Mutter sein kann, verfliegen ebenso schnell wie Eva-Marias eigene Ängste: Selten hat man eine gelassenere und humorvollere Frau während der generell herausfordernden Kinderwunschphase erlebt.

Erfolgsstory statt Leidensgeschichte

Dass sich Eva-Maria so offen und ganz ohne Kamerascheu porträtieren lässt, ist auf ihre Beziehung zum Regisseur Lukas Ladner zurückzuführen. Er war über drei Jahre hinweg Eva-Marias persönlicher Assistent und hat die Film- mit der Assistenzarbeit vermischt. Herausgekommen ist mit "Eva-Maria" ein sensibel inszenierter Dokumentarfilm, der der Protagonistin Mitspracherecht bei der Selbstdarstellung einräumt. Alltagsbürokratie und Hürden zum Wunschkind werden weitgehend ausgespart, statt einer Leidensgeschichte bekommen wir eine Erfolgsstory zu sehen.

Doch Ladner gibt das Zepter nicht an seine charismatische Protagonistin ab – er achtet auf die Balance zwischen Gesprächsszenen und stimmigen Bildern. Dabei ist seine komplexe Mehrfachrolle als Regisseur, Assistenz und Leihpapa im Dauereinsatz bei Eva-Marias Familie herausfordernd, auch überfordernd. Eva-Maria aber wirkt in ihrer Mutterrolle wie ein Fels in der Brandung. So gelingt dem Film das fast Unmögliche: eine entspannte und ermächtigende Repräsentation. (Valerie Dirk, 16.3.2022)