Es war ein bemerkenswertes Signal: Als am Dienstagabend drei Regierungschefs aus EU- und Nato-Staaten im unter Beschuss stehenden Kiew ankamen, war das weit mehr als eine höfliche Solidaritätsadresse. Der Pole Mateusz Morawiecki, der Tscheche Petr Fiala und der Slowene Janez Janša gingen ein persönliches Risiko ein. Sie zeigten sich an der Seite des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und vermittelten seinen Landsleuten: Ihr seid nicht allein.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Mateusz Morawiecki, Petr Fiala und der Janez Janša in Kiew.
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Die Botschaft mag nur symbolisch gewesen sein, aber vielen hat sie Kraft geschenkt. Es wäre daher unfair, die Initiative als nutzlos abzutun. Und doch war es auch eine Reise der Misstöne. Dass sich nur Vertreter rechter bis nationalkonservativer Parteien beteiligten, repräsentiert nicht die Einheit in Vielfalt, mit der Europa auftreten will. Auch ein Mandat der EU gab es nicht, obwohl man diese "de facto" angeblich vertrat.

Die Rolle von Jarosław Kaczyński, dem vierten Reisegefährten, trübt das Bild zusätzlich: Polens Vizepremier, Chef der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), brachte eine "Friedensmission der Nato oder einer breiteren internationalen Struktur" ins Spiel. Wer die heiklen Bemühungen des Westens verfolgt, die Ukraine zu unterstützen, ohne dabei eine Ausweitung des Kriegs zu riskieren, muss das als Querschuss aus der – wenngleich nur formell – zweiten Reihe empfinden.

Die Bilder aus Kiew waren stark. Mit besserer internationaler Abstimmung aber hätten sie klarer sein können. (Gerald Schubert, 16.3.2022)