
Die fehlende Tomatensauce bei einer Essenslieferung war einer der Auslöser, die eine 19-Jährige als Angeklagte vor das Landesgericht für Strafsachen Wien gebracht haben.
Wien – Um die wichtigste Frage gleich zu Beginn zu klären: Laut Duden ist sowohl "der" als auch "das" ein zulässiger Artikel für die Ketchup genannte Tomatensauce. Die Abwesenheit der Würze hat die 19-jährige Frau H. vor Richter Daniel Schmitzberger gebracht: Sie soll im Dezember versucht haben, einen Gastronomen schriftlich mit dem Satz "Für Deine Worte wirst du bluten" zu einer Entschuldigung zu nötigen, wirft Staatsanwalt Wolfram Bauer ihr vor.
Erfahrung mit der Justiz hat die schwangere Arbeitslose bereits, drei Vorstrafen sind im Akt aufgeführt, zuletzt wurde sie im Sommer 2020 zu drei Monaten bedingter Haft wegen falscher Beweisaussage und Verleumdung verurteilt. Im aktuellen Fall bekennt sich die ohne Verteidigerin erschienene junge Frau "teilweise schuldig".
Lieferung von Rudolfsheim nach Favoriten
"Ich habe mit meiner Stiefschwester und meinem damaligen Freund Essen bestellt", beginnt sie ihre Darstellung der Ereignisse vom 12. Dezember. Die Wahl fiel auf ein Burgerlokal in Rudolfsheim-Fünfhaus, das Trio ließ sich Burger und Hotdogs nach Wien-Favoriten bringen. "Es hat 30 Euro gekostet, und ich wollte mich über das Essen beschweren", erinnert der Teenager sich. "Was hat denn mit dem Essen nicht gestimmt?", erkundigt der Richter sich. "Das Essen war teilweise nass, mein Hotdog war feucht. "Und für den Preis war es sehr klein, also wenig", moniert die Angeklagte die Portionsgröße. Und: Es fehlte das Ketchup. "Das hätte extra gekostet!", beschwert H. sich.
Interessanterweise tat sie aber nicht selbst ihren Unmut beim Lieferanten kund, sondern ließ von ihrem Handy aus den damaligen Lebensabschnittspartner telefonieren. Die Reklamation sei nicht ganz nach Wunsch gelaufen, gibt sie zu – der Gastronom habe ihrem Freund unterstellt, sein X-Chromosom von einer Liebesdienerin geerbt zu haben, und drohte, persönlich in der Wohnung vorbeizuschauen.
"Es war dumm"
Sie habe sich gefürchtet, sagt H., vor allem, da ihr Freund danach die Wohnung verlassen hatte. Sie behauptet, dass sich ihre Angst dadurch geäußert habe, dass sie dem Wirt die Nachricht schrieb: "Für Deine Worte wirst du bluten! Ich habe mich normal beschwert und du schimpfst mich Hurensohn!" Schmitzberger reagiert verwirrt: "Das klingt aber, als ob Ihr Freund das geschrieben hat", merkt er an. "Ich habe mich auch angesprochen gefühlt", sagt die Angeklagte zu diesem Einwand und beteuert, die Botschaft selbst verfasst zu haben. H. gesteht auch zu: "Es war dumm, ich wollte es nicht so rüberbringen."
Als dann ihr Handy läutete, habe sie gedacht, der Wirt wolle sich entschuldigen, tatsächlich meldete sich aber ein Polizist, der H. über die Anzeige informierte und den Namen ihres Freundes wissen wollte. "Ich habe ihm gesagt, dass der schon weg ist und ich die Nachricht geschrieben habe", erzählt die Angeklagte. "Aber wenn Sie solche Angst hatten, warum hat Ihr Freund dann die Wohnung verlassen? Sollte der Sie nicht beschützen?", bohrt Schmitzberger nach. "Ich weiß auch nicht, warum er weggegangen ist. Ist doch kein Beschützer gewesen im Endeffekt", meint H. dazu.
Da der Unternehmer krankheitsbedingt nicht erscheinen und der Richter kein Urteil ohne dessen Aussage fällen kann, wird auf unbestimmte Zeit vertagt. (Michael Möseneder, 17.3.2022)