Ramsan Kadyrow (vorne) begutachtet tschetschenische Einheiten und deren Ausrüstung.

Foto: Imago/Itar-Tass

Eine Frau mittleren Alters mit blond gefärbten Haaren und dickem rotem Lippenstift schimpft auf Tiktok: "Vom ersten Tag an habe ich unsere Jungs angefeuert, und bis zu meinem letzten Atemzug werde ich für Tschetschenien sein, (...) für Ramsan (Kadyrow, Anm.) den Hübschen, für mein Mutterland, für den Kaukasus, für Russland. Wissen Sie, warum? Weil ich eine russische Staatsbürgerin bin."

Ihr Name ist Fatima, im Jahr 2004 ist sie mit ihrem Mann von Tschetschenien nach Österreich geflohen. Sie erhielt Asyl mit der Begründung, dass sie vor der russischen Aggression fliehen wollte. Jetzt ruft sie Tschetschenen in Österreich dazu auf, für Wladimir Putin und Kadyrow zu den Waffen zu greifen und in der Ukraine aufseiten jenes Aggressors zu kämpfen, vor dem sie angeblich geflohen ist.

Seit sechs Monaten postet Fatima online Videos, in denen sie dem tschetschenischen Präsidenten Kadyrow und seinen Unterstützern Bewunderung zollt. Seit Putins Einmarsch in die Ukraine verbreitet sie nicht nur Kriegspropaganda, sondern ruft auch offen zum "Abschlachten" von Ukrainern auf. Fröhlich verspricht sie, dass "die Kadyrowiten und die Russen diese ukrainischen Schweine zerschlagen und vernichten werden".

Spione gegen Dissidenten

Die in Österreich lebenden Gegner von Kadyrows brutalem Regime sind schockiert. "Wie kann eine solche Person in den sozialen Medien offen zu Gewalttaten, Morden, Krieg und Massenmord aufrufen, und trotzdem wird nichts gegen sie unternommen?", sagt ein Kritiker dem STANDARD. "Sie nutzt die österreichischen demokratischen Prinzipien der Meinungsfreiheit, um zu Gewalt aufzurufen und Hass zu schüren."

Fatima ist eine von dutzenden Kadyrow-Agenten, die in Österreich tätig sind. Einige agieren als Spione in der Diaspora und überwachen Flüchtlinge, die von Russland verfolgt werden, sowie jene, die den notorisch dünnhäutigen tschetschenischen Präsidenten kritisieren. Andere sind Vollstrecker für Kadyrow, die Dissidenten bedrohen und einschüchtern – und in zwei Fällen in Österreich bereits ermordet haben.

Religiöse Führer preisen ihn als ihren "Padischah", Tschetschenen, die sich als "Geschäftsleute" ausgeben, waschen sein schmutziges Geld. Und dann gibt es noch Propagandisten wie Fatima, die Kadyrow als "weisen, starken, mutigen und gutaussehenden Führer aller Tschetschenen" anpreisen.

"Diese Propaganda ist nichts anderes als politische und moralische Prostitution", sagt der Kritiker, der anonym bleiben muss.

Wettern gegen EU, Christen und LGBTQ

Es ist unklar, wie viele dieser Agenten und Unterstützer des Diktators, der von mehreren internationalen Organisationen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt wird, es geschafft haben, einen Aufenthaltsstatus in Österreich zu erhalten. Sobald sie jedoch einen solchen haben, können sie ungehindert zwischen ihrem Heimatland und Österreich hin- und herreisen. Viele bauen in Tschetschenien Häuser mit in Österreich erhaltenem Geld.

Fatima ist eine, die nach Angaben aus der Gemeinde "oft nach Hause fährt", aber weiterhin in Österreich lebt. Gleichzeitig erklärt sie, dass sie "gegen Europa und die USA" sei, wettert gegen "Christen, die Schweinefleisch essen", und LGBTIQ-Personen.

Die Migrationsbehörden der europäischen Länder hätten diesen Kadyrowiten wenig Aufmerksamkeit geschenkt, sagt Mansur Sadulajew, Gründer der tschetschenischen Menschenrechtsorganisation Vayfond. "Jetzt, da Russland den Völkermord an den Tschetschenen auf die Ukrainer übertragen hat, verherrlichen diese Pseudoflüchtlinge weiterhin Russlands monströse Taten." Er fordert, dass sie strafrechtlich verfolgt werden, ähnlich zu Verhetzungsparagrafen oder dem Verbotsgesetz. (Kate Manchester, 18.3.2022)