Es ist eher die Regel als die Ausnahme: Ein Supermarkt steht allein auf weiter Flur, lediglich ein großer Parkplatz grenzt daran, um die einkaufenden Massen auch mit Verladeflächen zu versorgen.

Verschwendete Flächen, finden einige Bauherren und machen sich diese zu eigen. Denn es gibt immer mehr Projekte, die den Supermarkt als Grundfläche nehmen und darüber beispielsweise Mietwohnungen bauen.

Das Projekt Woody M von Freimüller Söllinger Architektur für Palmers Immobilien ist so ein Beispiel. Hier entstehen 85 frei finanzierte Mietwohnungen in insgesamt vier Häusern. 2021 hat man angefangen zu bauen. Aktuell kämpfe man mit Kosten- und Lieferschwierigkeiten, sagt Projektleiter Michael Eder. Durch die Holzbauweise und einen durch getakteten Liefer- und Bauplan ist man aber zuversichtlich, im Herbst dieses Jahres fertig zu werden.

Insgesamt 85 Mietwohnungen entstehen auf dem Dach eines Supermarkts in der Tivoligasse.
Visualisierung: Schreinerkastler

Bis dahin wird das Projekt allerdings ein paar Jahre auf dem Buckel haben. Bereits 2013 gab es eine Studie, ob die Mischnutzung aus Supermarkt und Wohnfläche überhaupt möglich sei. Die Planung begann erst 2019, nach Erhalt der Widmung. Vor Baubeginn gab es dann noch einmal eine Unterbrechung in Form einer Petition. Die Anrainerinnen und Anrainer, die Angst um ihren Ausblick auf den Supermarkt samt Parkplatz hatten, beschwerten sich über die Höhe des Projekts. Der Kompromiss: Die Baukörper schrumpften etwas und wurden leicht ineinander gedreht, sodass Durchsichtkorridore für die West- und Ostnachbarn entstehen.

Lärm als Problem

Dass es bei Nachverdichtungsprojekten oft zu schlechter Laune bei Anrainerinnen und Anrainern kommt, ist nicht neu. Kein Wunder, immerhin wird denen, die bisher dort wohnen, nicht nur eine Baustelle zugemutet, sondern auch eventuell eine gewohnte Aussicht verbaut.

Ähnlich lange hat deswegen auch das Supermarktwohnprojekt in der Zschokkegasse im 22. Wiener Gemeindebezirk gedauert. Dazu kam noch ein längeres Widmungsverfahren.

Ein ganz anderes Problem könnte die Lärmbelästigung werden. Nicht nur müssen Supermärkte, wie der Lidl im Erdgeschoß der Tivoligasse 11, beliefert werden, auch die Lautstärke von Kundinnen und Kunden ist nicht zu unterschätzen.

Auf dem Dach des Auhof-Centers sind Wohnungen entstanden – ein Beispiel, wie Nachverdichtung funktionieren kann.
Foto: AnnABlaU

Dass solche Projekte funktionieren können, zeigt die Wohnbebauung der WBV-GPA des Auhof-Centers in Wien-Penzing. Hier entstanden auf dem Dach des Einkaufszentrums 71 geförderte Wohnungen.

Mieter Lidl hat die Chance gleich genutzt, um den bisherigen Markt in der Tivoligasse zu erweitern. Die Parkplätze, die vorher ebenerdig waren, werden in Zukunft unterirdisch zu finden sein – auch die für die Bewohnerinnen und Bewohner. (Thorben Pollerhof, 18.03.2022)