Für die neue Bim nach Schwechat müssen auf einer Strecke von 2,75 Kilometern neue Geleise verlegt werden.

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Wien – Niederösterreich feiert heuer seine 100-jährige Eigenständigkeit als Bundesland (in Kraft getreten 1922). Dennoch wächst das flächenmäßig größte Bundesland Österreichs wieder ein bisschen mehr mit Wien zusammen: Die Straßenbahnlinie 72 soll ab 2025 von Simmering nach Schwechat fahren. Das gaben Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Freitag gemeinsam im Wiener Rathaus bekannt.

Die geplante Route der Straßenbahnlinie 72 von Simmering bis Schwechat mit optionaler Verlängerung bis Rannersdorf.
Foto: Stadt Wien

Entsprechende Ideen hatte es in der Vergangenheit immer wieder gegeben, nun haben sich die beiden Bundesländer im Rahmen einer größeren Zusammenarbeit für die Verkehrsplanung in der "Metropolregion" geeinigt. Die Wien–Schwechat-Bim soll pro Tag rund 4.500 Fahrgäste in je beide Richtungen transportieren. Im Schwechater Einzugsgebiet leben rund 20.000 potenzielle Fahrgäste, viele davon pendeln nach Wien.

Finanzierung noch offen

Die neue Strecke ist 6,4 Kilometer lang, 2,75 Kilometer davon müssen neu gebaut werden. Die geplante Route führt von der U3-Station Simmering, am Zentralfriedhof vorbei, über Kaiserebersdorf bis zum Europaplatz in Schwechat. Eine Verlängerung nach Rannersdorf wird angedacht.

Ausfinanziert ist das geplante Projekt noch nicht, dazu soll es auch Gespräche mit dem Bund geben. Angedacht sei eine Finanzierung ähnlich wie bei der Badner Bahn, erläuterten die Wiener Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und ihr Pendant in Niederösterreich, Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP). Das würde bedeuten, dass der Bund für die Infrastruktur und für den Betrieb mitzahlt.

Lob von Gewessler

Und aus dem Bund kommen wohlwollende Signale: "Eine Straßenbahn von Wien nach Nieder österreich ist genau der richtige Ansatz für moderne Mobilität in und um die Stadt. Wir stehen jederzeit für Gespräche bereit und werden das Projekt nach Kräften unterstützen", teilte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) in einer Stellungnahme an die Austria Presse Agentur mit.

Auch die Grünen in Wien und Niederösterreich zeigten sich über die bundesländerübergreifende Tramway erfreut. Endlich sei diese "Schallmauer der Landesgrenze zwischen Wien und Niederösterreich durchbrochen" worden. Die Wiener FPÖ hätte hingegen lieber eine Verlängerung der U-Bahn-Linie 3 nach Schwechat gesehen.

Von Liesing nach Kaltenleutgeben?

Angesprochen auf weitere Straßenbahnprojekte nach Niederösterreich, sagte Stadträtin Sima, dass diese nicht vergessen worden seinen. Konkret geht es um eine Verlängerung der Linie 25 bis Groß -Enzersdorf sowie um eine leistungsfähige Bahnverbindung von Liesing über Perchtoldsdorf und Waldmühle nach Kaltenleutgeben, die von den Wiener Lokalbahnen, der Betreibergesellschaft der Badner Bahn, geprüft wird. Bis in die 1960er-Jahre hatte es Überlandstraßenbahnen bis Perchtoldsdorf (Linie 260) und bis Mödling (Linie 360) gegeben.

Das gesamte Wiener Straßenbahnnetz misst derzeit rund 220 Kilometer. Pro Jahr befördern die 28 Straßenbahnlinien mit rund 500 Fahrzeugen mehr als 305 Millionen Fahrgäste.

Mehr Park-and-ride-Plätze

In Ludwigs und Mikl-Leitners Mobilitätspaket sind auch weitere Investitionen für den Ausbau von Park-and-ride-Anlagen vorgesehen. Niederösterreich nimmt dafür 29 Millionen Euro in die Hand, Wien beteiligt sich vorerst erneut mit drei Millionen Euro. Bis zum Jahr 2024 sollen in Niederösterreich rund 45.000 Stellplätze für Pendlerinnen und Pendler zur Verfügung stehen, 35.000 davon rund um Wien. Die Gesamtzahl der Menschen, die täglich zur Arbeit in die Bundeshauptstadt pendeln, wird auf 300.000 geschätzt.

Spange Kledering

Ein weiteres Gemeinschaftsprojekt von Wien und Niederösterreich ist die sogenannte Spange Kledering zwischen dem Knoten Schwechat und der Ostbahnstraße nach Simmering. Sie soll einerseits die Anbindung an das Simmeringer Industrie- und Gewerbegebiet ermöglichen, andererseits in Niederösterreich Ortskerne vom durchfahrenden Schwerverkehr entlasten. (Michael Simoner, 18.3.2022)