Ferrari hat alle Sponsor-Logos von Kaspersky entfernt.

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Verhältnismäßig lange brauchte der aus Russland stammende Sicherheitskonzern Kaspersky, um eine Stellungnahme zum Angriffskrieg gegen die Ukraine zu finden. Die Wortwahl von Firmengründer Eugene Kaspersky fiel außerordentlich zurückhaltend aus. Kaspersky erwähnte zwar einmal das Wort "Krieg", sprach in dem Twitter-Posting aber euphemistisch von einer "Situation" in der Ukraine und dass er beziehungsweise seine Firma auf einen "Kompromiss" in diesem Konflikt hoffe.

Nachdem deutsche Sicherheitsbehörden zuletzt offiziell vor dem Einsatz von Kaspersky-Software warnten und angaben, die Technologie nicht mehr in der öffentlichen Verwaltung einsetzen wollen, fand Kaspersky jetzt deutlich schärfere Worte. Diese richteten sich allerdings nicht an die russischen Aggressoren, sondern an das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Dessen Warnung bezeichnete Kaspersky als "Angriff" auf das Unternehmen, als "Beleidigung" und "Kollateralschaden".

Kaspersky kritisiert deutsches Bundesamt

In dem offenen Brief kritisiert Kaspersky, die Entscheidung des BSI sei "ohne einen Beweis für einen Missbrauch unserer Software zu schädlichen Zwecken" aus rein politischen Gründen getroffen worden. Das Bundesamt habe jegliche Angebote, den Quellcode und die technischen Prozesse hinter der Software zu prüfen, ausgeschlagen. Die Warnung sei ein Angriff auf die gesamte Kaspersky-Belegschaft in Deutschland und Europa und gefährde die Arbeitsplätze tausender Sicherheitsexperten.

Eugene Kaspersky kritisiert deutsche Behörden mit heftigen Worten.
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"Der Schaden für unsere Reputation und unser Geschäft, der durch die Warnung des BSI entstanden ist, ist bereits erheblich. Mich beschäftigt eine Frage: Was ist der Zweck? Kaspersky nicht in Deutschland zu haben, wird Deutschland oder Europa nicht sicherer machen. Ganz im Gegenteil", schreibt Kaspersky. Der Krieg sei eine Tragödie, die Leid über unschuldige Menschen gebracht habe. Jetzt drohe der globalen Sicherheitsbranche "ein kollateraler Schaden", der alle weniger sicher mache.

Auch Ferrari geht auf Distanz

In Europa droht dem Konzern, der neben seinem Hauptquartier in Moskau auch über ein Datenzentrum in der Schweiz und einen Holding-Sitz in London verfügt, nun allerdings neues Ungemach. So bereiten italienische Behörden eine Verordnung vor, mit der die Antivirensoftware aus Systemen des öffentlichen Sektors entfernt werden könnte. Zwar sei noch kein Vorfall mit Involvierung Russlands bekannt, das Risiko müsse anhand der aktuellen Situation aber neu bewertet werden.

Persönlich schwer treffen dürfte Firmengründer Kaspersky aber auch die Entscheidung Ferraris, das Kaspersky-Logo von allen Formel-1-Autos, Fahrerhelmen und Online-Auftritten zu entfernen. Der bekennende Rennsportfan hatte das Sponsorship 2010 eingefädelt. Erst im Dezember 2021 waren die Kooperationsverträge zwischen Ferrari und Kaspersky erneuert worden. Man prüfe die Situation, teilte ein Ferrari-Sprecher mit. Das Entfernen des Sponsorlogos sei in Absprache mit dem Antivirenhersteller erfolgt.

Wie sicher ist Kaspersky?

Wie immun die Antivirensoftware gegen eine befürchtete Manipulation von russischer Seite ist, ist schwer abschätzbar. Gegenüber dem STANDARD warnen Sicherheitsexperten vor einer voreiligen Entfernung der Sicherheitssoftware aus den Systemen, rufen gleichzeitig aber zu besonderer Wachsamkeit auf. Auffälligkeiten und entdeckte Softwarelücken sollten schnell kommuniziert und mit anderen Unternehmen und Sicherheitsbeauftragten geteilt werden, hieß es etwa beim österreichischen Computer Emergency Response Team (CERT). (Martin Stepanek, 18.3.2022)