Es scheint, als wäre es kein großes Thema mehr, es ist ja wieder alles erlaubt. Auch Unternehmen können praktisch verfügen, wie sie es für richtig halten – je nach Argumentationslinie. Tatsächlich läuft aber auch im Arbeitsleben vor dem Hintergrund weitestgehender Öffnungen und gleichzeitig neuer Höchststände im Infektionsgeschehen kaum etwas "normal".

Der Gesundheitssektor und der Lehrbetrieb klagen medial wirksam über massive Personalausfälle. In den meisten Unternehmen ist die Situation wegen Corona-Krankenständen ebenfalls angespannt, hier mehr, dort weniger. Gleichzeitig ist das vielgepriesene hybride Arbeiten keineswegs Normalität geworden. Viele Unternehmen basteln an Langfristlösungen, einige haben die Belegschaften längst in die Büros zurückbeordert und gewähren einen Tag Homeoffice, andere wiederum sind (vorerst) bei Homeoffice geblieben und warten ab.

43 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wollen künftig hybrid arbeiten.
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Als "heterogen" beschreibt Armand Kaáli-Nagy, Geschäftsführer des Seminaranbieters ÖPWZ, die aktuelle Landschaft: "Der Jubel über das Homeoffice hat sich in Personalabteilungen rasch gelegt." Es habe sich herausgestellt, dass einerseits nicht alle Arbeitsplätze Homeoffice-tauglich waren und dass andererseits Vorgesetzte ihre Teams sehr gerne in unmittelbarer Nähe haben. Dass das mit einem tradierten Leistungs- und Kontrollverständnis zu tun haben könnte, möchte Kaáli-Nagy nicht kommentieren.

Cisco hat in einer aktuellen Studie erhoben, dass 43 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher künftig hybrid arbeiten wollen. Jeder Dritte unter 39 Jahren macht davon sogar die Arbeitgeberwahl abhängig. Ersparnis der Anfahrtswege, Geldersparnis und eine bessere Work-Life-Balance sind die vorgebrachten Argumente. Basaler Dreh- und Angelpunkt bleibt allerdings das "schnellere Internet", das laut dieser Cisco-Studie auch der größte Wunsch an den Arbeitsplatz der Zukunft ist.

Aus dem Forum

Dass innerbetrieblich so oder so nicht alles rund läuft, zeigt ein Blick in die hunderten aktuellen Postings der Leserinnen und Leser auf derStandard.at: "War nur im ersten Lockdown im Homeoffice, obwohl ich in der IT arbeite und generell 90 Prozent von zu Hause aus arbeiten könnte. Aber der Chef will einen halt auch physisch greifbar/kontrollierbar haben. Alter Schlag." Oder, ganz anders: "Bin froh, nicht alleine im Homeoffice zu hocken – täglich Gaudi beim Kaffeetrinken. Informeller fachlicher Austausch ungeplant zwischendurch", schreibt ein anderer User.

"Interessante, völlig andere Lebensrealitäten der Arbeitskollegen, die man so mitbekommt. Niemals Homeoffice für mich!" Ganz anders wiederum hier: "Im Moment ist es so: Sollte ich in das Büro fahren und dort nicht allein sein, ist es unmöglich zu arbeiten, da dann alle Anwesenden ständig in Telkos hängen und sich gegenseitig stören. Also, solange es diesen ,Hybrid‘-Betrieb gibt, macht es keinen Sinn, wieder vor Ort zu arbeiten."

Eine andere schreibt: "Solange die Arbeitsergebnisse passen, sollen Arbeitnehmer frei wählen dürfen. Es gibt nämlich wirklich starke Unterschiede. Ein Kollege von mir ist viel produktiver im Homeoffice, ich finde Homeoffice einen Tag pro Woche angenehm und schaffe es psychisch nicht, ständig zu Hause zu sein." Einen wesentlichen Fortschritt der vergangenen zwei Jahre macht dieser Leser fest: "Was gut an der ganzen Phase war, ist, dass unser Unternehmen erkannt hat, wie wichtig psychisches Wohlbefinden ist und dass es ganz unterschiedliche Menschen gibt."

Konkret gefragt – wie können so viele unterschiedliche Interessen in ein Arbeiten der Zukunft gegossen werden? "One size fits all" geht ja sichtlich gar nicht. Consultants raten derzeit dort, wo es geht, möglichst viele unterschiedliche Modelle anzubieten und weitere Schritte in die Individualisierung und Maßschneiderei für die Bedürfnisse der Belegschaft zu tun. (Karin Bauer, 19.3.2022)