Österreich hat den Erwerb der Staatsbürgerschaft für NS-Verfolgte und deren Nachkommen im Jahr 2019 neu geregelt.

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Nachkommen von NS-Verfolgen haben laut dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) das Recht auf eine Doppelstaatsbürgerschaft – und zwar auch dann, wenn sie als Österreicherinnen oder Österreicher eine zusätzliche Staatsbürgerschaft annehmen wollen. Bisher war die Sache umstritten, denn eindeutig geregelt ist nur der umgekehrte Fall, dass Nachkommen mit anderer Nationalität die österreichische beantragen (VwGH 31.1.2022, Ra 2021/01/0322).

Wien verweigerte

Anlass der aktuellen Entscheidung war der Fall eines Mannes, dessen Großvater im Jahr 1939 vor den Nationalsozialisten ins heutige Israel fliehen musste. Der Nachkomme, der derzeit österreichischer und israelischer Staatsbürger ist, wollte auch die amerikanische Staatsbürgerschaft annehmen. Da Doppelstaatsbürgerschaften in Österreich grundsätzlich nicht erlaubt sind, stellte er bei den Behörden den Antrag, die österreichische Staatsbürgerschaft ausnahmsweise behalten zu dürfen.

Sowohl die Wiener Landesregierung als auch das Verwaltungsgericht Wien lehnten aber ab. Der Nachkomme habe weder entsprechende "Leistungen" erbracht, noch lägen "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" vor, die die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft rechtfertigen. Die Höchstrichterinnen und Höchstrichter am Verwaltungsgerichtshof haben dem nun widersprochen.

Neuregelung

Österreich hat den Erwerb der Staatsbürgerschaft für NS-Verfolgte und deren Nachkommen im Jahr 2019 neu geregelt. Betroffene Personen können demnach die österreichische Staatsbürgerschaft durch eine einfache Anzeige wiedererlangen. Dabei dürfen sie – entgegen der Normalregel – ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten.

Aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs muss das auch für den umgekehrten Fall gelten, dass jemand bereits die österreichische Staatsbürgerschaft hat, aber eine andere Staatsbürgerschaft annehmen will – auch wenn das nicht explizit gesetzlich geregelt ist. (japf, 18.3.2022)