Arnold Schwarzenegger und sein dringender Appell für den Waffenstillstand und den Frieden.

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Wenn der Terminator ausnahmsweise aus der Vergangenheit zu uns kommt, dann ist Schluss mit lustig. Die Gaudi hat ein Loch – und Arnold Schwarzenegger bringt seine Wirkmacht nicht nur als ehemaliger Gouverneur von Kalifornien ins Spiel. Der frühere Kampfroboter und Schauspieler, der weltweit vor allem auch von jungen starken Männern geliebte gebürtige Steirer sagt jetzt auch den Russen Bescheid. Man darf 2022 die Entrüstung von selbstermächtigten Influencern in Social Media nicht unterschätzen. Hier geht es in diesem ersten "Tiktok-Krieg" schließlich immer auch um symbolisches Kapital!

Russische Beauty-Stars wie Karina Nigay oder Karina Istomina beklagen die kriegsbedingt verhängte Sperre ihrer Instagram-Konten: "This is my life." Thomas Anders, der ehemalige Sänger des im Osten noch immer enorm populären Duos Modern Talking, spricht sich aktuell gegen eine dortige Tournee aus: "Es herrscht Krieg!" Selbst Rammstein, die, man muss es leider sagen, in ukrainischen wie russischen Männerbünden eine gewisse Popularität genießen, wenden sich in Social-Media-Statements gegen das Morden.

Macht in Social Media

In einem neunminütigen Video ist Terminator Schwarzenegger, der einst als Conan die bösen gesichtslosen Feinde abmurkste und als Robotnik Stahlschmieden zum Weinen brachte, in Social Media auch wieder einmal als Elder Statesman zu sehen. Sein Einfluss muss als beträchtlich gewertet werden.

Dem härtesten Steirer der Geschichte geht es nach der aufgeschobenen Klimakrise und seinem Einsatz für Fridays for Future nun auch um den Krieg in der Ukraine. In einem perfekt inszenierten Home-Video richtet sich Schwarzenegger nicht nur an die tapferen Widerstandskämpfer und -kämpferinnen vor Ort – der 74-jährige Mann aus Thal bei Graz wendet sich in dieser Botschaft in gewohnt souveränem stoasteirischem Denglisch vor allem auch an seine Fans in Russland.

Helden ohne Auftrag

Arnold Schwarzenegger gilt, wie auch seine Ballerfilm-Kollegen aus den 1980er- und 1990er-Jahren, Steven Seagal oder Bruce Willis, in Russland als große Nummer. Helden, das wissen die Einwohner des Landes von schwerer Literatur, Wodka, Leichtmatrosen und Fischeiern spätestens seit den Urlaubsfotos ihres derzeitigen Präsidenten mit nacktem Oberkörper aus Sibirien, Helden müssen nichts beweisen. Sie müssen nur so tun, als ob. Pump it up! Es funktioniert.

Schwarzenegger, nicht gerade für seine Verstellungskunst berühmt geworden, geht einen Schritt weiter. Er richtet sich in diesem aktuellen Video konkret an seine russischen Verehrer. Er mahnt den sofortigen Stopp, nein, den Frieden in einem Angriffskrieg von Russland gegen das Brudervolk der Ukraine ein, der mittlerweile beim reinen Terror gegen die dortige Zivilbevölkerung angelangt ist.

Schwarzenegger verwendet dafür in einer perfekten Inszenierung ein persönliches Erlebnis. Im Alter von 14 Jahren durfte er in Wien dem damals stärksten Mann der Welt, dem sowjetischen Gewichtheber Juri Petrowitsch Wlassow, die Hand schütteln – gegen den Willen des Vaters, der im deutschen Heer gegen die Russen kämpfte.

The Telegraph

Schwarzenegger erinnert sich an sein frühes sanftes und menschliches Vorbild dank einer noch heute in seinem Gebrauch befindlichen und ihm von Wlassow geschenkten Kaffeetasse. Das geschah im Rahmen einer weiteren Begegnung im Rahmen der Dreharbeiten zum Schwarzenegger’schen Krawallfilm Red Heat mehr als 30 Jahre später 1988 auf dem Roten Platz in Moskau. Diese Kaffeetasse, aus der er laut Bekunden noch heute jeden Tag seinen möglicherweise in Kalifornien längst entkoffeinierten Sojamilchkaffee trinkt, holt dann die Zuseherinnen der Videobotschaft endgültig ab. Sie ist die Tasse, die man in der Filmgeschichte "Rosebud" nennt. Das kann Social Media. Es kann uns emotional abholen.

In einer Zeit, in der es, abgesehen von erschütternden Bildern, immer auch um das Menschliche und die Rettung desselben geht, kann man Schwarzeneggers "ehrliche" Inszenierung nicht genug schätzen.

Schwarzenegger richtet sich mittels dieser persönlichen Homeoffice-Erinnerung vor allem an seine zahlreichen Fans im russischen Volk – und an die Soldaten, die "verheizt" werden: "Ich bedaure, euch sagen zu müssen, dass bereits tausende russische Soldaten getötet wurden."

Schwarzenegger geht schließlich auch auf seinen Vater ein, der damals aus dem sinnlosen Schlachten des Zweiten Weltkriegs seelisch zerstört zurückgekehrt war. Das ist die wichtigste Botschaft. Nie wieder Faschismus!

Am Ende ruft Arnold Schwarzenegger Wladimir Putin auf, den – Entschuldigung, ein wahrlich unzureichendes Wort! – sinnlosen Krieg zu beenden. Die Kämpfer in der Ukraine gegen die Aggressoren, vor allem aber auch die Demonstrantinnen und Demonstranten in Russland gegen die "militärische Operation" bezeichnet er abschließend als "meine neuen Helden". Nach seinem Einsatz für das Weltklima ist dies die wirklich große Rolle seines Lebens. "I’ll be back."

Auf Distanz

Ein weiterer Hort des Widerstands liegt in Süditalien. Nicht nur Thomas Anders und Rammstein haben zum Krieg deutliche Worte gefunden – auch der Putin-Freund Al Bano Carrisi (Felicità) geht nun auf Distanz. Dem Wahlrussen Gérard Depardieu reicht es schon länger. (Christian Schachinger, 18.3.2022)