2013 richtete Kärnten eine erste unabhängige Opferschutzkommission ein – im Laufe der Jahre meldeten sich immer mehr Betroffene. (Symbolbild)

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Mit der Reaktivierung der Opferschutzkommission durch das Land Kärnten im Jahr 2019 und der Bestückung eines Opferschutzfonds 2020 sind mittlerweile 244 von Missbrauch betroffene Menschen mit rund 2,8 Millionen Euro entschädigt worden. Das sagte Landeshauptmannstellvertreterin Beate Prettner (SPÖ) am Samstag : "Wir wissen, was passiert ist, ist damit nicht gut zu machen, aber es ist eine Geste." Zudem wurden die Berichte wissenschaftlich aufgearbeitet.

Viele der Betroffenen sind Opfer von Franz Wurst geworden. Der Primar wurde 2003 wegen sexueller Nötigung zahlreicher minderjähriger Patienten verurteilt. 2013 richtete das Land schon eine erste unabhängige Opferschutzkommission ein, um Betroffenen die Möglichkeit zu geben, eine Entschädigungszahlung vom Land Kärnten zu erhalten, denn der Kinderarzt arbeitete damals als Vorstand der Neurologie und Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters (ehemals Heilpädagogik, Anm.) im LKH Klagenfurt.

Kommission 2019 neu eingesetzt

Die Opferschutzkommission stellte nach wenigen Jahren die Arbeit ein, da sich aber weiter Betroffene gemeldet haben, entschied man sich 2019 die Kommission wieder einzusetzen. LH Peter Kaiser (SPÖ), der wegen eines positiven Corona-Tests von zu Hause zugeschaltet war, unterstrich: "Das Land Kärnten zeigt Verantwortung. Die Ereignisse im Fall Wurst machen unglaublich betroffen und die Menschen sind davon ein Leben lang gezeichnet. Wir können es nicht ungeschehen machen, aber wir wollen alles daran setzen, dass so etwas sich nicht wiederholen kann."

Kaiser entschuldigte sich auch noch einmal im Namen des Landes Kärnten dafür, dass dieser Missbrauch unter den Auspizien des Landes Kärnten "fast systematisch durchgeführt werden konnte". Seit 2013 seien Schritte gesetzt worden – unter anderem die Opferschutzkommission, der Opferschutzfonds, aber auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der Berichte wurde 2019 eingeleitet.

Unterschiedliche Aufarbeitung

Weiters wurden die Vorgänge im Jänner 2020 bei einem Symposium an der Alpen-Adria-Universität aufgearbeitet und nun in einem Buch unter der Leitung von Wissenschafterin Ulrike Loch zusammengefasst, schilderte Kaiser – eine weitere Maßnahme gegen "das Verdrängen, Vergessen oder das schamvolle Schweigen". Das Thema wurde auch künstlerisch behandelt: Das Ergebnis ist ein Theaterstück namens "Nicht sehen", das am 7. April im Stadttheater Klagenfurt seine Premiere feiern wird.

Astrid Liebhauser von der Kinder- und Jugendanwaltschaft, die seit Jahren die Opferschutzkommission leitet, zählte auf, wer sich alles an sie wenden kann: Alle, die in Einrichtungen des Landes Kärnten Gewalt erfahren haben, egal ob in Jugendheimen, im LKH Klagenfurt oder auch bei Pflegefamilien. Aus Erfahrung wisse sie, dass sich viele Betroffene erst Jahrzehnte danach für Gespräche über das Geschehene öffnen können. Daher will LHStv. Prettner die Kommission diesmal auch auf unbestimmte Zeit weiterarbeiten lassen. Den Betroffenen wurden Summen bis 25.000 Euro aus dem Fonds ausbezahlt, es gebe allerdings keinen Rechtsanspruch darauf, betonte Liebhauser. Zusätzlich übernimmt das Land bis zu 30 Psychotherapiestunden für die Betroffenen. "Den Opfern tut es gut zu hören, dass ihnen geglaubt wird, dass sie nicht die Spinner und ihre Eltern nicht die Querulanten waren", sagte Liebhauser. (APA, 19.3.2022)hab