Auch nach zwei Jahren Pandemie habe die Regierung noch immer nicht aus ihren Fehlern gelernt, kritisiert Andreas Babler, Bürgermeister von Traiskirchen (SPÖ), im Gastkommentar.

Maske runter, Maske rauf: Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) musste seine Corona-Politik korrigieren.
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"Das war so nicht absehbar." Dieser Satz des neuen Gesundheitsministers steht sinnbildlich für die Ignoranz und Arroganz der politischen Führung in diesem Land.

Das eklatante Versagen der Regierungsverantwortlichen mitsamt einigen Landeshauptleuten im Pandemiemanagement stellt eine direkte Gefährdung der Bevölkerung dar. Während so viele von uns sich von Anfang an mit aller Kraft und allen Möglichkeiten gegen die dramatische Virusausbreitung stemmen, ließ diese Regierung mit ihren Fehlentscheidungen und ihrer wochenlangen völligen Kapitulation vor Sars-CoV-2 das Virus auf Höchstniveau durchrauschen. Und das gegen die Meinung ihrer eigenen Fachexpertinnen und -experten. Sowie unter Inkaufnahme von Rekordzahlen an Neuinfizierten mit hunderten Toten pro Woche und zukünftig unglaublich vielen Langzeitgeschädigten. Dieses unwissenschaftliche Agieren war und ist ein Schlag ins Gesicht aller, die permanent alles tun, um andere zu schützen. Es ist die Aufgabe politischer Amtsträgerinnen und Amtsträger, Menschen vor gesundheitlichen Schäden mit aller Kraft zu bewahren. Für politische Verantwortliche gibt es nichts Wichtigeres, als diesem Prinzip unumstößlich zu folgen.

Die erste Etappe in der österreichischen Krisenchronologie war geprägt von einem politischen Inszenierungsmarathon, der immer wieder durch ein organisatorisches Umsetzungsversagen gebrochen und konterkariert wurde. Sei es durch das wochenlange Scheitern beim Zustellen von FFP2-Masken, dem groß angekündigten Sputnik-Deal, den Versäumnissen bei den Impfstoffbestellungen in den europäischen Gremien, dem großflächigen Zusammenbrechen des Contact-Tracings und der schleppenden beziehungsweise fehlenden Umsetzung einer nationalen Teststrategie. Vom Nichtzustandebringen einer wirkungsvollen Impfkampagne mit ihrem unrühmlichen Ende gar nicht zu reden.

Ökonomische Interessen

Gerade in diesen Wochen ist festzustellen, wie sehr sich die Regierung von wissenschaftlichen Erkenntnissen entfremdet hat und die Gesundheitsgefährdung und direkte Gesundheitsschäden bewusst nicht nur in Kauf nimmt, sondern – kurzzeitig gedachte – ökonomische Interessen über den Schutz von Menschen stellt. Wissenschaftliche Evidenz wird geradezu missachtet: Stichwort "Kinder können sich nicht so stark infizieren". So lautete das Mantra lange Zeit und das, obwohl seit der Alpha-Variante die Zahlen aus anderen Ländern gänzlich konträre Fakten zeigten.

Diese mehr als mangelhafte Pandemiebekämpfung steht im Widerspruch zu all dem, was viele Verantwortungsträgerinnen und -träger in den Städten und Gemeinden gemeinsam mit ihren Teams über all die zwei Jahre hinweg als oberste Prämisse gesehen haben: in Anbetracht unseres Informationsstandes und im Wissen über die Virusgefährdung aktiv zu werden und zu handeln.

Schon sehr früh haben wir in Traiskirchen mit regelmäßigen Tests des pädagogischen Personals gestartet und eine umfassende Teststrategie für alle unsere Bildungseinrichtungen entwickelt. Wir haben Freiluftklassen eingerichtet, flächendeckend Raumlüftsensoren zur Lüftungsunterstützung in allen Klassen- und Kindergartenräumen installiert und diese später durch Luftfilter ergänzt. Alle Bildungseinrichtungen erhalten von uns laufend spezielle FFP2-Kindermasken und wir unterstützen die Leitungen bei allen organisatorischen Abläufen, wie der bei Quarantäne.

All unsere Maßnahmen wurden durch die Regierungsverantwortlichen weder kommentiert, noch gab es je einen Funken von Interesse daran. Gleichzeitig wurde phrasenhaft von sicheren Schulen gesprochen. Aber auch für alle anderen Altersgruppen und gesellschaftlichen Bereiche haben wir zielgerichtete Schritte gesetzt. So haben wir die übergeordneten Behörden beim Contact-Tracing unterstützt. Dabei wurden die Gemeinden und Städte von der Regierung zu Bittstellern gemacht, die bis heute nicht die finanzielle Unterstützung bekommen, die sie angesichts ihrer geleisteten Tätigkeiten und Aufgabenstellungen in dieser Krise bräuchten.

Erschütternde Nachricht

Und jetzt? Unser gesamter Anspruch über diese Krisenzeit wird durch die Regierung über Bord geworfen. Die Folge: Wir alle sind in einen gesamtgesellschaftlichen Krisenmodus manövriert worden, mit Personalausfällen und Notbetrieben in Krankenhäusern, Bildungseinrichtungen und in Bereichen der kritischen Infrastruktur und Privatwirtschaft – das wohl noch auf längere Zeit.

Die erschütternde Nachricht vom Notbetrieb des Spitals Baden, die uns dieses Wochenende erreicht hat, ist ein vernichtendes Zeugnis für die Bundesregierung und die Landeshauptleute. "Das war so nicht absehbar." Diese Phrase der politisch Verantwortlichen ist ein weiterer Schlag ins Gesicht für alle, die selbst nur mit Grundwissen und Hausverstand abschätzen konnten, welche Auswirkungen dieses "Wir öffnen – koste es, was es wolle"-Dogma der letzten Wochen haben wird. Nach zwei Jahren Pandemie lässt sich das Krisenmanagement von Türkis-Grün als einzige permanente Katastrophe resümieren. Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel in unserer Republik. Mit dem klaren Fokus, Menschen mit aller Kraft direkt zu schützen. Daran ist diese Regierung gescheitert. (Andreas Babler, 21.3.2022)