Wegen massiver Personalausfälle darf – geht es nach dem Gesundheitsminister – Gesundheitspersonal bald auch unter bestimmten Umständen infiziert arbeiten.

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Auch vor den Vertretern der Spitzenpolitik macht das Coronavirus keinen Halt. So meldete sich Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Sonntag als einer von bundesweit 37.192 Neuinfizierten aus der Quarantäne zu Wort.

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) sagte nur wenige Minuten zuvor in der ORF "Pressestunde", er habe in seiner kürzlichen Quarantäne viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Da sei er zu dem Schluss gekommen, die neuerlichen Verschärfungen der Corona-Regeln seien grundsätzlich der richtige Schritt.

Was die beiden Männer eint: Sie wollen einen anderen Weg gehen als der Gesundheitsminister. Das betrifft im Falle Hackers beziehungsweise Wiens die kürzlich angekündigten Quarantänelockerungen. Geht es nach Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), so soll bald auch infiziertes Gesundheitspersonal in Zukunft unter bestimmten Umständen arbeiten dürfen. Infrage kommt da entweder eine Verkürzung der Quarantänedauer oder aber, dass diese an den CT-Wert geknüpft wird. Wien will diese Lockerung jedenfalls nicht mittragen, sagte Hacker, das käme "nicht infrage".

Damit geht Wien einen völlig anderen Weg als das Nachbarbundesland Niederösterreich. Dort dürfen seit Freitag, wie die APA berichtete, infizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsbereich freiwillig arbeiten – nachdem sie fünf Tage in Quarantäne und zwei Tage ohne Symptome waren.

Maskenregeln stehen aus

Dass Wien da nun anders vorgehen will, ist wenig überraschend, immerhin handhabt die Hauptstadt einige Corona-Regeln schon länger strenger als der Bund. So auch, was Masken betrifft – die müssen dort bereits jetzt im gesamten Handel und als Kunde oder Kundin bei körpernahen Dienstleistungen getragen werden.

Ob der Bund sich ab Mitte nächster Woche an den Wiener Regeln orientiert, war am Wochenende noch nicht klar. Der Gesundheitsminister kündigte recht vage eine "Maskenpflicht in Innenräumen" an, die dazugehörige Verordnung wolle man "präzise" formulieren. Sie soll frühestens am Montag vorliegen, hieß es am Sonntag aus dem Ministerium – ohne dass weitere Details genannt wurden, etwa ob die Maske nur im Handel oder auch bei Dienstleistungen Pflicht sein wird.

Testkürzungen in Schulen

Noch einmal anders sind die Regeln in den Schulen. Im Februar fielen erst bei den Primar-, dann auch bei den Sekundarstufen die Masken am Sitzplatz. Dabei bleibe es auch, sagte Bildungsminister Polaschek – zumindest bis zu den Osterferien, also bis zum 9. April.

Das gilt auch für die Corona-Tests an Schulen. Während bundesweit ab 1. April die Gratistests auf zehn Stück pro Monat (je fünf PCR- und Antigentests) limitiert werden, dürfen Schüler und Schülerinnen vorerst noch weiterhin drei Tests pro Woche machen.

Auch da kündigte Polaschek eine Kürzung zu Ostern an, ohne sich auf eine Zahl festzulegen. Wie der STANDARD vergangene Woche berichtete, kursierten zuletzt Pläne, Tests nach Ostern auf zwei pro Woche zu kürzen, ab 25. April soll es nur noch einer pro Woche sein.

An der Präsenzpflicht in den Schulen will Polaschek festhalten, die habe sich bewährt. Allerdings: Momentan seien 20.000 Schülerinnen und Schüler infiziert, 1200 Klassen seien im Distance-Learning, neun Schulen seien geschlossen.

Ob Lehrerinnen und Lehrer bald mit einer Infektion arbeiten dürfen, ließ Polaschek offen. Da müsse man sensibel vorgehen und sich "überlegen, ob es gut sei, dass Kinder mit Lehrern und Lehrerinnen in Kontakt sind, die positiv sind".

Politiker als Vorbilder

Das Beratungsgremium Gecko – in dem sich zuletzt Unmut breitmachte, weil die Politik nicht angemessen auf es hört oder es erst gar nicht befragt – ist zum Thema Quarantänekürzungen geteilter Meinung. Wie aus dem am Wochenende veröffentlichen Bericht der Expertinnen und Experten hervorgeht, ist ein Teil der Mitglieder der Ansicht, "dass das Infektionsgeschehen durch pauschale Verkürzungen weiter befeuert werden könnte".

Denn: Dann habe man zwar Personal, aber auch mehr Infizierte und damit mehr Patientinnen und Patienten. Ein Teil des Gremiums hält Lockerungen aber für vertretbar.

Keine ausgeschilderten Gegenstimmen gibt es zum Themenbereich Krisenkommunikation. Dazu heißt es, die "Stringenz und Konvergenz aller kommunikativen Maßnahmen" sei wiederherzustellen. So müssten die politische Kommunikation und die Kampagnen-Kommunikation abgestimmt werden auf die wissenschaftliche Kommunikation und tatsächliche Maßnahmen. Die Rede ist auch von einer "Vorbildwirkung öffentlicher Akteure und Institutionen". (Gabriele Scherndl, 20.3.2022)