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In der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol ist die Zerstörung besonders groß. Immer wieder werden Wohngebäude getroffen.

Foto: Reuters/ALEXANDER ERMOCHENKO

Am Wochenende sind die Kämpfe in der Ukraine mit unverminderter Härte weitergegangen. Kiew wirft den russischen Angreifern einmal mehr vor, insbesondere zivile Ziele ins Visier zu nehmen. Am Montag soll eine weitere Verhandlungsrunde stattfinden. Eine Übersicht der Ereignisse des 25.Kriegstags in der Ukraine:

  • Der Angriff auf die Ukraine wird seit dem Wochenende auch mit sogenannten Hyperschallraketen geführt. Moskau selbst berichtete am Samstag vom Einsatz einer Luft-Boden-Rakete des Typs Kinschal (Dolch), die ein Raketenarsenal im Gebiet Iwano-Frankiwsk zerstört haben soll. Die Kinschal-Raketen werden von Kampfflugzeugen aus abgefeuert und können nach russischen Angaben Ziele in bis zu 2000 Kilometern Entfernung treffen. Durch ihre extrem hohe Geschwindigkeit – die Rede ist von über 6000 Kilometern pro Stunde, also mehrfacher Schallgeschwindigkeit – seien sie auch in der Lage, Luftabwehrsysteme zu umgehen. Am Sonntag setzte das russische Militär nach eigenen Angaben dann abermals eine Kinschal-Rakete ein. Deren Ziel war demnach ein Treibstofflager im Süden der Ukraine.

    Die ukrainische Seite wiederum berichtete von zahlreichen Angriffen auf verschiedene Städte, unter denen vor allem wieder die Zivilbevölkerung zu leiden hatte. So habe es etwa beim Beschuss eines mehrstöckigen Wohnhauses im ostukrainischen Charkiw mehrere Todesopfer gegeben – darunter sei auch ein neunjähriger Bub. Auch in der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol soll die Lage immer katastrophaler werden. Nach Angaben des örtlichen Stadtrats wurde in Mariupol eine Kunstschule bombardiert, in der 400 Menschen Schutz gesucht hätten, vor allem Frauen, Kinder und Ältere. Das russische Verteidigungsministerium hat den Truppen, die in der südukrainischen Großstadt Mariupol Widerstand leisten, ein Ultimatum gestellt. Ihnen wird freies Geleit zugesichert, wenn sie am Montag ihre Stellungen aufgeben. Dazu sollen am Montag um 8:00 (MEZ) Fluchtkorridore sowohl nach Westen als auch nach Osten geöffnet werden.

    Am Sonntagabend wurde nach Angaben von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko eine Wohngegend und ein Einkaufszentrum in der Hauptstadt attackiert: Auf Videos in den sozialen Medien war ein Gebäude in Flammen zu sehen. Angaben zu den Angriffen und zu den Opferzahlen ließen sich aber nicht unabhängig überprüfen.

  • Zur Zahl russischer Opfer herrscht ebenfalls weiterhin Unklarheit. Wenig überraschend unterscheiden sich die Angaben aus Moskau und jene aus Kiew voneinander stark. Das ukrainische Militär sprach am Sonntag von bereits über 14.000 getöteten russischen Soldaten seit Beginn der Invasion am 24. Februar. Aus Russland selbst herrscht zu dem Thema seit geraumer Zeit Funkstille. Zuletzt hatte sich Moskau am 2. März zu eigenen Verlusten geäußert, die Rede war damals von knapp 500 gefallenen Soldaten.

    Einmal mehr wandte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft an die Bevölkerung in Russland. An den Brennpunkten besonders schwerer Kämpfe seien die vordersten Abwehrlinien "mit Leichen russischer Soldaten praktisch überhäuft" sagte Selenskyj. Irgendeine Art von Siegesgewissheit dürfte er damit nicht haben vermitteln wollen, immerhin sprach er von großen Reserven Russlands bei Soldaten und Militärgerät. Offenbar hatte er eher die russische Medienlandschaft im Blick, die zuletzt immer mehr als gut geölte Propagandamaschine kritisiert wurde, als er die Menschen in Russlands fragte, was man ihnen in getan hätte, dass sie "ihre Verluste nicht bemerkt haben".

    Allerdings gab es am Sonntag in mehreren russischen Städten wieder Demonstrationen gegen den Krieg, unter anderem in Moskau, Sankt Petersburg, Jekaterinburg, Nischni Nowgorod und Wladiwostok. Nach Angaben von Bürgerrechtlern wurden dabei bis zum Nachmittag insgesamt fast tausend Menschen festgenommen.

  • Politische Einschränkungen in der Ukraine sorgen indes ebenfalls für Streit. Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat des Landes hatte die Arbeit mehrerer prorussischer Parteien für die Dauer des Kriegsrechts im Land verboten. "Die Aktivitäten von deren Politikern, die auf Spaltung oder Kollaboration abzielen, werden keinen Erfolg haben, dafür aber eine harte Antwort erhalten", wurde Präsident Selenskyj von der Zeitung Ukrajinska Prawda zitiert. Die Opposition in Kiew bezeichnete das Betätigungsverbot als illegal. Die moskaufreundliche Partei "Oppositionsplattform für das Leben" sprach von einem Versuch, den "Hauptgegner" zu beseitigen, und rief ihre Abgeordneten auf, ihre Arbeit fortzusetzen.

  • Eine weitere Verhandlungsrunde zwischen der Ukraine und Russland soll es am Montag geben, berichten ukrainische Medien. Die Gespräche sollen demnach "auf Delegationsebene" geführt werden, auf Expertenebene liefen die Verhandlungen inzwischen täglich, hieß es. Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland einmal mehr zu ernsthaften und ehrlichen Friedensgesprächen aufgerufen: Sinnvolle Verhandlungen über Frieden und Sicherheit für die Ukraine seien "die einzige Chance für Russland, seinen Schaden durch eigene Fehler zu verringern", so der ukrainische Präsident.

    Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf indes den USA vor, die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew zu erschweren: Man habe "ständig das Gefühl", so Lawrow, dass "die ukrainische Delegation an der Hand gehalten wird, höchstwahrscheinlich von den Amerikanern, und es ihnen nicht erlaubt wird, den Forderungen zuzustimmen, die meiner Meinung nach absolut minimal sind".

    Moskau fordert unter anderem einen Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt und eine Anerkennung der prorussischen "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk in der Ostukraine. Kiew will vor allem eine Waffenruhe und den Abzug russischer Truppen. (red, Gerald Schubert, 20.3.2022)