Die Umfrage zeigt: Wird der eigene Marktwert als hoch eingeschätzt, motiviert das zum Jobwechsel.

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Laut aktuellem Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer denkt jede und jeder vierte Berufstätige über einen Jobwechsel nach. Ganz konkret ist diese Absicht laut einer repräsentativen Befragung der Plattform Stepstone im Jänner bei rund 16 Prozent der Beschäftigten, die angeben, erst kürzlich den Job gewechselt zu haben oder konkret vorhaben, in naher Zukunft zu kündigen. Für die Studie wurden 2.058 Personen in Österreich befragt. Außerdem wurden laufend ausgeschriebene Stellenanzeigen in 22 Printmedien und 35 Jobbörsen erfasst.

Besonders hoch ist die Wechselbereitschaft demnach bei Menschen unter 30 (28 Prozent), bei boomenden Berufsgruppen, für die verhältnismäßig viele Jobs zur Verfügung stehen (39 Prozent), aber auch in Branchen mit besonders schlechten Jobaussichten (29 Prozent). Beschäftigte in der Hotellerie und Gastronomie etwa schätzen ihre Chancen am Arbeitsmarkt derzeit am schlechtesten ein, von ihnen haben dennoch etwa ein Drittel erst kürzlich den Job gewechselt oder vor, demnächst zu kündigen.

Unternehmen müssten diese Entwicklung ernst nehmen, meint Stepstone-Österreich-Geschäftsführer Nikolai Dürhammer in einer Aussendung. "Aber dass in Österreich die große Kündigungswelle wie in den USA droht, das sehe ich aktuell nicht", sagt Dürhammer. "Aufgrund der unsicheren Lage hatten die Menschen bis vor kurzem einfach andere Prioritäten, als den Jobwechsel und Wechselwünsche nicht ausgelebt – diese haben sich sozusagen aufgestaut. Mit dem aktuellen Jobboom löst sich das jetzt auf."

Unterschätzter Marktwert

Wird der eigene Marktwert als hoch eingeschätzt, motiviert das zum Jobwechsel. Doch dieses Gefühl ist (noch) nicht sehr ausgeprägt. Nur rund die Hälfte der Befragten nehmen die eigenen Chancen am Arbeitsmarkt als sehr gut oder eher gut wahr, wobei Männer ihre Chancen tendenziell als besser einschätzen als Frauen. Auch jüngere Menschen haben dem eigenen Gefühl nach bessere Chancen am aktuellen Jobmarkt als ältere.

"Vergleicht man die Nachfrage nach Arbeitskräften 2021 mit der Selbsteinschätzung der Beschäftigten, wirkt es so, als stünde das in keinem Zusammenhang oder als käme diese Erkenntnis zeitverzögert", sagt Corina Drucker, Studienleiterin und Pressesprecherin von Stepstone Österreich. "Auch in den besonders gefragten Branchen wie Technik und IT, Vertrieb oder im Handel schätzen die Beschäftigten ihre Jobchancen nicht so gut ein, wie man meinen könnte – noch nicht jedenfalls."

Work-Life-Balance wird wichtiger

Laut der Befragung möchten drei Viertel der Befragten künftig im Homeoffice arbeiten, und zwar mehrere Tage pro Woche. 73 Prozent gaben an, dass ihnen eine gute Work-Life-Balance während der Pandemie wichtiger geworden ist. Zum Vergleich: "Den Job zu behalten ist mir wichtiger" sagen nur 64 Prozent. Ein Drittel möchte etwa die Hälfte der Arbeitszeit im Homeoffice verbringen, ebenso viele wollen ein bis zwei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten. 24 Prozent geben an, dass sie lieber vom Büro aus arbeiten wollen.

Die Entwicklung der vergangenen Monate sorgt grundsätzlich für mehr Jobzufriedenheit: Zwei Drittel der Arbeitenden sind mit ihrer beruflichen Situation zufrieden. Unter Selbstständigen waren es allerdings nur 55 Prozent. Am Unzufriedensten waren die Beschäftigten im Verkauf, aber auch im Gesundheitswesen sind viele nicht glücklich.

Froh mit ihrem Job waren am öftesten Menschen die im Bereich Marketing, PR oder Werbung arbeiten, sowie Beschäftigte im Personalwesen. Diese Jobs wurden 2021 stärker nachgefragt als alle anderen – die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen ist in beiden Berufsgruppen im Vergleich zum Jahr davor um jeweils 60 Prozent gestiegen. "Diese Berufsgruppen erleben jetzt, was in vielen Branchen bald Realität wird: den Wandel zum Bewerbermarkt. Um als Unternehmen am Jobmarkt bestehen zu können, muss man alte Glaubenssätze niederreißen und neue entwickeln, wie etwa: Die Unternehmen müssen sich bei den Kandidat:innen bewerben, nicht umgekehrt", sagt Drucker. (red, 21.3.2022)