In Zinshäusern wohnen viele Menschen gern – das macht sie auch für Investoren attraktiv.

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Die Wiener Gründerzeit-Zinshäuser haben schon viel erlebt – nun bekanntlich auch eine Corona-Pandemie, die die Nachfrage nach dem Betongold weiter angeheizt hat. 668 dieser alten Mietshäuser wurden in Wien im Vorjahr verkauft. Das machte 2021 zumindest für Zinshausmakler zu einem "fulminanten Jahr", wie aus einem Marktbericht von Otto Immobilien hervorgeht.

Im Vorjahr wechselten demnach Zinshäuser um insgesamt 2,1 Milliarden Euro den Besitzer bzw. die Besitzerin, damit liegt man auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Krise. 500 Millionen davon entfielen auf Share Deals, bei denen also nicht Immobilien, sondern Gesellschaften, denen Immobilien gehören, verkauft wurden.

Besonders viel verkauft wurde 2021 im 20. und im zehnten Bezirk, wo 91 bzw. 109 Millionen Euro umgesetzt wurden. Im zehnten Bezirk mache sich heute schon die Verlängerung der U2 bemerkbar, die bis 2028 fertig werden soll, "diese Fantasie preist der Markt jetzt schon ein", sagte Zinshaus-Experte Philipp Maisel. Nur im elften und im 19. Bezirk hat sich das Transaktionsvolumen nicht erhöht, was aber laut den Experten an fehlendem Angebot lag.

Preise steigen, Renditen sinken

Gestiegen sind angesichts der Nachfrage auch die Preise, alleine seit dem Herbst 2021 und der damit letzten Erhebung haben diese noch einmal um elf Prozent angezogen, besonders stark im zweiten und im 20. Bezirk. Am meisten wird, wenig überraschend, im ersten Bezirk bezahlt. Dort sind es bis zu 10.500 Euro pro Quadratmeter.

Zwar ist es außerhalb des Gürtels noch deutlich günstiger. Aber auch dort gibt es kein Gründerzeit-Zinshaus in durchschnittlichem Zustand unter rund 2.000 Euro pro Quadratmeter mehr. Aufgerechnet auf ein klassisches Haus heißt das: "Unter zwei Millionen Euro gibt es kein Zinshaus mehr", sagte Maisel.

Mit den hohen Preisen sinken die Renditen. Nur noch im elften Bezirk ist laut Otto-Erhebung eine Rendite von über drei Prozent erzielbar. Die Mindestrendite im ersten Bezirk liegt bei nur 0,64 Prozent. Die ist aber ohnehin für viele zweitrangig: Es gehe darum, sein Vermögen für 50, 60, 100 Jahre anzulegen, so Maisel.

Immer weniger Zinshäuser

Dass die Nachfrage abreißt oder die Preise in naher Zukunft sinken, damit rechnet man bei Otto Immobilien nicht. Im Gegenteil: Die ersten Monate des heurigen Jahres waren von einem deutlich aktiveren Marktgeschehen gezeichnet als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Befeuert durch die Pandemie hätten auch internationale institutionelle Investoren – vorrangig aus dem deutschen Sprachraum – den Wiener Zinshausmarkt für sich entdeckt. Immerhin ist die Anzahl der echten Zinshäuser aus der Gründerzeit stark begrenzt – und nimmt Jahr für Jahr weiter ab. Der Hauptgrund dafür ist die Begründung von Wohnungseigentum, wodurch die Häuser aus der Wertung von Otto Immobilien fallen. Aber auch Umnutzungen oder Abrisse tragen dazu bei.

Die internationalen Investoren würden das österreichische Mietrechtsgesetz, das die Mieten im Altbau deckelt, in Kauf nehmen, "zumal über den Preisschutz in der Regel eine bessere Vermietbarkeit gewährleistet wird", sagte Investment-Experte Christoph Lukaschek. Und weil Grundstücke knapp sind, seien auch immer mehr Immobilienentwickler am Zinshausmarkt unterwegs, die früher lieber auf die grüne Wiese gebaut haben, sich nun aber auf Dachgeschoß-Ausbauten konzentrieren. Auch Anteile an Zinshäusern sind laut Maisel begehrt – häufig von Anlegern, die das früher eigentlich kategorisch ausgeschlossen haben, die nun aber angesichts des knappen Angebots umdenken.

Steigende Zinsen

Am Immobilienmarkt gibt es derzeit aber einige Unbekannte: Direkt werde sich der Ukraine-Krieg wohl nicht auf den Zinshausmarkt auswirken. Russen und Ukrainer sind in dem Segment laut Experten nicht aktiv. Eine hohe Inflation führe aber immer dazu, dass Investoren stärker in Sachwerte wie Immobilien investieren. Allerdings geht man bei steigenden Zinsen, mit denen früher oder später zu rechnen ist, wiederum davon aus, dass es zu einer Abschwächung kommt, weil die Kredite teurer werden.

Und was macht man eigentlich mit dem vielen, vielen Geld, wenn man jetzt sein Zinshaus verkauft? "Der Klassiker ist, wieder einen Teil in Immobilien zu investieren", sagt Maisel. "Nur geht man dann nicht mehr in den Altbau, sondern in den Neubau." (Franziska Zoidl, 22.3.2022)