Immer weniger Haushalte nutzen Heizöl, einkommensschwache aber besonders oft. Ihnen soll beim Umstieg geholfen werden.

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Armut ist bitter, Energiearmut ist es doppelt. Stellt sich schon in "normalen" Jahren bei so manchen die Frage, ob sie hungern oder frieren sollen, ist dies in "abnormalen" Wintern wie heuer erst recht der Fall. Aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind die Kosten für Strom, Gas und Heizöl in lichte Höhen geschnellt. Noch mehr Menschen haben folglich nicht genug Geld, um sich beides zu leisten, sowohl Heizen als auch Essen.

Neben Unterstützungen auf Bundesebene gibt es speziell für Bedürftige in Wien deshalb Hilfe von der Stadt. SPÖ und Neos haben ein Hilfspaket über 125 Millionen Euro geschnürt, das unter dem Namen "Wiener Energieunterstützung Plus" läuft und rund 260.000 Personen unmittelbar zugutekommen soll. Es ruht auf drei Säulen: einer Energiekostenpauschale, Hilfe bei offenen Energierechnungen samt Energieberatung sowie Unterstützung beim Einbau von Photovoltaik und anderen nachhaltigen Energieformen.

260.000 Anspruchsberechtigte

An wen richten sich die Hilfsangebote, und wie können Betroffene diese abrufen? Anspruchsberechtigt sind alle Bezieher von Mindestsicherung, Mindestpensionen, Arbeitslosengeld oder Wohnbauhilfe. Das sind in Wien aktuell an die 260.000 Menschen.

Rund 70.000 davon beziehen Mindestsicherung. Diese beläuft sich für Alleinstehende bzw. Alleinerzieherinnen auf 977,94 Euro im Monat, für Paare beträgt sie 733,46 Euro pro Person; pro minderjährigem Kind kommen noch 264,04 Euro monatlich hinzu.

42.000 Menschen in Wien müssen mit einer Mindestpension über die Runden kommen. Der Richtsatz beläuft sich für Alleinstehende mit mindestens 40 Beitragsjahren auf 1364,11 Euro monatlich, für Ehepaare sind es exakt 18411,29 Euro.

Arbeitslosengeldbezieher

Die größte Gruppe ist mit aktuell 110.000 jene der Arbeitslosengeldbezieher. Sie erhalten 60 Prozent des letzten Nettogehalts. Mit Kindern beträgt der Anspruch auf Arbeitslosengeld 67 Prozent der Summe.

An die 40.000 Haushalte beziehen Wohnbeihilfe. Die ist daran gekoppelt, dass der Bezieher oder die Bezieherin auf ein Nettoeinkommen von zumindest 949,46 Euro pro Monat kommt; bei zwei Personen im Haushalt muss die Summe über 1425,53 Euro liegen, wobei es noch Zuschläge für Kinder und weitere Erwachsene im gemeinsamen Haushalt gibt.

200 Euro automatisch aufs Konto

Um die Energiepauschale ausbezahlt zu bekommen, muss niemand selbst aktiv werden. Die dafür vorgesehenen 200 Euro werden im Juni automatisch auf das Konto der Betroffenen überwiesen. Zuständig ist die MA 40 (Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht). Die wenigen Personen, die trotz Anspruchs kein wie auch immer geartetes Konto haben, erhalten das Geld alternativ per Postanweisung.

Viele sozial Schwache wohnen in nicht sanierten Wohnungen mit entsprechend hohen Heizkosten. Sie sollen durch Energieberatung und Hilfe beim Tausch alter, ineffizienter Geräte unterstützt werden.
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Selbst initiativ müssen hingegen Personen werden, die ihre Energierechnung nicht bezahlen können und deshalb fürchten müssen, dass ihnen Strom, Gas oder beides abgedreht wird. Auf Antrag des oder der Betroffenen übernimmt die Stadt je nach individueller Situation die aufgelaufenen Rückstände teilweise oder begleicht die Jahresabrechnung ganz. Der Topf, aus dem das Geld genommen wird, ist von 6,0 Millionen Euro auf 26 Millionen Euro aufgestockt worden. Früher lief das Ganze unter der Überschrift Heizkostenzuschuss. In den meisten anderen Bundesländern ist das noch immer der Fall.

Direktüberweisung an Energieunternehmen

Betroffene erhalten das Geld anders als die Pauschale nicht direkt auf ihr Konto; der Betrag geht per Direktüberweisung an das Energieunternehmen. Damit will man verhindern, dass Betroffene das Geld für andere Dinge ausgeben, wodurch die Wohnung erst wieder kalt bleiben würde. Umgesetzt wird die Maßnahme im vierten Quartal – sprich im Herbst.

In der "Energieunterstützung neu", wie die zweite Säule des Maßnahmenpakets heißt, ist auch Energieberatung auf freiwilliger Basis inkludiert, gegebenenfalls wird auch Unterstützung beim Tausch alter, stromfressender Geräte gegen neue, effizientere geleistet.

Geld für Photovoltaik, Energiespeicher

Schließlich sind auch noch 48,3 Millionen Euro für die Umstellung der Energieversorgung auf nachhaltige Formen vorgesehen. Zusätzlich zu Bundesmitteln gibt es beispielsweise Extrageld von der Stadt, wenn etwa in Photovoltaik, Wärmepumpen oder stationäre Energiespeicher investiert wird, das Ganze tunlichst nach vorangegangener Energieberatung.

"Das Paket ist gelungen, weil es breit angelegt ist", sagt Joel Tölgyes vom gewerkschaftsnahen Momentum-Institut. Gut sei insbesondere, dass gezielt Mittel für den Heizungstausch zur Verfügung gestellt werden, was nicht nur aus preislicher Sicht, sondern auch aus Klimaschutzgründen wichtig sei. Wie man aus Daten der Statistik Austria ableiten kann, wohnt ein Großteil der einkommensschwachen Haushalte in vergleichsweise schlecht isolierten Häusern, heizt und kocht ineffizient und gibt so anteilig deutlich mehr vom verfügbaren Einkommen für Energie aus als ein Durchschnittshaushalt.

Nicht alle Armutsgefährdeten profitieren

"Je niedriger das Einkommen ist, desto eher profitiert man von den Maßnahmen", sagt Tölgyes – und weist auf zumindest eine "Ungerechtigkeit" hin. "Wer zwischen 1000 Euro und 1300 Euro verdient, liegt zwar unter der Armutsgefährdungsschwelle, profitiert aber nicht vom Teuerungsausgleich."

Laut Definition ist in Österreich armutsgefährdet, wer weniger als 1328 (Einpersonenhaushalt) oder 1992 Euro (Zweipersonenhaushalt) im Monat verdient. Die Mindestsicherung liegt mit knapp 980 Euro deutlich darunter. Das Paket ist zwischen SPÖ und Neos aber so akkordiert und soll im April im Wiener Gemeinderat auch so beschlossen werden. (Günther Strobl, 22.3.2022)