Photovoltaik-Anlagen erfreuen sich steigender Beliebtheit. Die Verwendung der erzeugten Energie schürt aber oft Interessenkonflikte.

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Strom aus der Sonne verspricht nachhaltige Energienutzung, Dekarbonisierung und Unabhängigkeit vom Netz. Das sind viele Vorteile, möchte man meinen. Aber ob man die auch will, ist eine andere Sache. In Belgien etwa wird Photovoltaik-Einspeisung für Haushalte stark gefördert.

Wer eine Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach hat, pfeift auf Unabhängigkeit und verkauft den Strom zu besten Tarifen lieber ins Netz. Eigenverbrauch von Photovoltaik-Strom: zero, nada, null. Norwegische Haushalte wiederum sahen bis vor kurzem noch überhaupt keinen Grund für das Betreiben von Photovoltaik-Anlagen.

Produzieren oder kaufen?

Elektrische Energie war billig und stammte fast zu 100 Prozent aus Wasser- oder Windkraft. Wozu bitte Photovoltaik-Strom, wenn Energie ohnehin so billig und nachhaltig ist? Kann man auch diese schwierigen Kunden von der nachhaltigen Eigennutzung von Solarenergie überzeugen?

Man kann, ist man am FH-Technikum in Wien überzeugt. Dort befasst man sich im Projekt Regional Renewable Energy Cells (R2EC) mit der Frage, wie man die Nutzung von Solarenergie optimieren kann. Die Lösung des Problems steckt schon im Projekttitel: mit der Gründung von Energiezellen. "Energiezellen sind im Prinzip nichts anderes als Energiegemeinschaften, in denen versucht wird, so viel wie möglich vom selbstproduzierten Photovoltaik-Strom auch selbst zu verbrauchen", sagt R2EC-Projektleiter Karthik Bhat.

Selbsterzeugte Energie

Wenn man Verbrauch und Produktion noch geschickt mit Energiespeicherung von Überschussstrom kombiniert, kann die Eigenversorgungsrate noch deutlich gesteigert werden, ergänzt R2EC-Forscher Thomas Nacht. Was die Energiezellen stark positiv macht, ist dabei die Sektorenkopplung: Überschussstrom, geerntet von wolkenlosen Mittagshimmeln, kann für die Mobilität, sprich fürs Aufladen von Elektro-Autos, oder aber auch für die Erzeugung von Warmwasser verwendet werden. Dafür werden Wärmepumpen eingesetzt, die mittags laufen und Warmwasserboiler für das abendliche Vollbad füllen.

Geschickt angesteuert und verteilt, ergeben sich so auch Vorteile für Energiezellen unter "belgischen Verhältnissen". Dafür wurde im Labor der FH Technikum eine Versuchsanlage aufgebaut, in der reale elektrische Verbraucher und Batterien mit realen empirischen Verbrauchsdaten der Projektpartner gefüttert und gesteuert wurden. Gefördert wurde das Projekt im Rahmen der Initiative Green Energy Lab.

Mehr Eigenverbrauch

Es konnte gezeigt werden, dass auch in Belgien eine Energiezelle mit Batterien zur Energiespeicherung den Eigenverbrauch um 20 Prozent steigen lässt – trotz hoher Einspeisetarife. Der Strombezug aus dem Netz konnte gleichzeitig um zehn Prozent verringert werden. "Energiezellen unter österreichischen Bedingungen konnten noch weit größere Eigenverbrauchssteigerungen erreichen", sagt R2EC-Forscher Nacht.

Simuliert wurde die Flexibilisierung neben der Warmwasserproduktion durch Wärmepumpen auch durch das Aufladen von Batterien privater E-Autos. Dabei waren allerdings praktische Limitierungen gesetzt. "Gegen Batterieladungen wird kein Autobesitzer etwas einzuwenden haben", sagt Nacht.

Geballte Kräfte

Anders dürfte die Reaktion ausfallen, wenn man E-Autos auch für das Betreiben gemeinschaftlicher Anlagen, etwa die nächtliche Heizung einer Sporthalle, verwenden würde. "Das haben wir gar nicht simuliert", sagt Nacht. "Niemand hat ein Interesse daran, sein Auto in der Früh mit leeren Batterien vorzufinden."

Für Norwegen sind die Ergebnisse noch ausständig. Simuliert wird dabei eine Energiezelle, die aus 20 Niedrigenergiehäusern besteht. Für Norwegen derzeit eher noch eine Novität. (Norbert Regitnig-Tillian, 24.3.2022)